Das Elektroauto mit Wasserstoff-Brennstoffzelle ist eine chinesisch-österreichische Koproduktion.

Foto: Markus Böhm
Foto: Markus Böhm

Auf Schanghais Schutzwegen ist man nicht vor ihnen sicher: Elektromopeds und sogenannte Pedelecs, mit Elektromotor ausgestattete Fahrräder, kommen geräuschlos von hinten. Gehupt oder geklingelt wird erst kurz vor dem Zusammenstoß. Da hilft oft nur ein Sprung zur Seite. Anders als hierzulande, wo sich die (einspurige) Elektromobilität erst zu etablieren beginnt, sind in den Großstädten Chinas bereits tausende Elektrofahrräder unterwegs.

Doch elektrifizierte Fahrräder sind nur ein Teilaspekt eines größeren Plans. Die Chinesen setzen voll auf Elektromobilität. Die Förderung von Elektrofahrzeugen ist ein zentraler Punkt im 2011 beginnenden neuen Fünfjahresplan der chinesischen KP. Der größte Automarkt der Welt - im vergangenen Jahr wurden in China mehr als 13,5 Millionen Fahrzeuge verkauft - soll zum größten Elektroautomarkt transformiert werden.

"Heute dreht sich alles um Geschwindigkeit", sagt diesbezüglich beispielsweise Zhao Fuquan, Vizepräsident des chinesischen Herstellers Geely, der unlängst den schwedischen Volvo-Konzern gekauft hat. "Es geht nicht darum, wie groß du bist, sondern wie schnell."

Elektroautos made in China

Die Regierung hat das Ziel proklamiert, dass bis zum Jahr 2030 rund 80 Prozent aller Elektroautos weltweit in China produziert werden sollen. Elektromobilität war deshalb auch Thema des Workshops "Mobility for sustainable cities" Mitte Oktober im Rahmen der Austria Tec Week auf der Expo in Schanghai. Österreich präsentierte sich dort als Technologieland. Veranstalter waren das Verkehrsministerium, das Austrian Institute of Technology (AIT), die Außenwirtschaft Österreich und das chinesische Wissenschaftsministerium. "Was die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien betrifft, führt an Asien derzeit kein Weg vorbei", sagte Franz Pirker, Leiter des Mobility Departments des AIT. Er hofft, dass auch chinesische Hersteller die Dienste des Batterielabors am AIT in Anspruch nehmen werden.

Ein solches Labor eröffnete der steirische Motorenentwickler AVL bereits Anfang des Monats in Schanghai, um seine Dienstleistungen direkt vor Ort anbieten zu können. AVL, bereits seit 1974 in China aktiv, präsentierte auf der Tec Week auch ein Elektrofahrzeug. Gefördert wurde das Projekt vom Klima- und Energiefonds des Verkehrs- sowie des Lebensministeriums.

Der sogenannte AVL Fuel Cell Commuter, kurz AVL FCC, soll mithilfe einer Brennstoffzelle die Reichweite des Elektrovehikels erhöhen. "Ein sogenannter Range Extender springt bei Bedarf ein und lädt die Batterie auf", erklärte Peter Prenninger, Forschungsmanager bei AVL. Betrieben wird die Brennstoffzelle mit Wasserstoff. Eine sechs Stunden längere Fahrzeit sei mit nur 0,6 Kilogramm möglich.

Weiter mit Brennstoffzelle

Der AVL FCC, der an ein Golfwagerl erinnert, ist für den Personentransport auf nicht öffentlichen Fahrwegen gedacht - ähnlich wie die Elektrowagen, die auf dem Expo-Gelände unterwegs sind. Ein wesentlicher Vorteil sei, führte Prenninger weiter aus, dass der Commuter innerhalb weniger Minuten wieder aufgetankt werden könne, während das Laden von Batterien mehrere Stunden in Anspruch nehme. "Dadurch können die Batterien im Auto kleiner dimensioniert werden." Bei einer mittleren Geschwindigkeit von rund 20 Kilometern pro Stunde soll eine Reichweite von 150 Kilometern möglich sein.

Die Basis des Fahrzeuges stammt vom chinesischen Hersteller Marschen Electric Vehicle Company und wurde in Kooperation mit der Tongji Universität in Schanghai entwickelt, wo AVL einen Lehrstuhl für innovative Fahrzeugantriebe eingerichtet hat. "Der AVL FCC ist ein sogenanntes Zero Emission Vehicle", weist Zhou Su, Lehrstuhlinhaber, auf eine weitere Eigenschaft des Fahrzeugs hin: "Die luftgekühlte Brennstoffzelle emittiert nur Wasserdampf."

Zurück in die Steiermark

Das eingebaute Diagnosetool, entwickelt in Graz, ist bereits serienreif. Es analysiert ständig den Zustand der Zelle und soll Fehler sofort beheben. Der Wasserstofftank am Heck des Wagens stammt ebenfalls aus der Steiermark. Das Hydrogen Center Austria, Hycenta, hat ihn geliefert.

Kommenden November wird das Gefährt nach Graz kommen, um dort als Forschungsplattform zur Verfügung zu stehen. 2015 soll das Fahrzeug dann in Serie gehen.

Offen bleibt neben der Frage der Versorgungsinfrastruktur auch, woher der Wasserstoff kommt. Denn dessen Erzeugung ist derzeit noch sehr energieintensiv. (Markus Böhm aus Schanghai/DER STANDARD, Printausgabe, 27.10. 2010)