Rektorenchef Hans Sünkel bezeichnet die geplanten Kürzungen der Familienbeihilfe als "sozial ungerecht" und "strategisch falsch". Die Herabsetzung der Bezugsdauer für die Familienbeihilfe schade der universitären Ausbildung und würde nur mehr Bachelor-Abschlüsse möglich machen, so Sünkel im Ö1-Mittagsjournal. Zivil- und Präsenzdiener würden zudem benachteiligt. Für diese Dienste gebe es zudem Überschneidungen, wenn die Studieneingangsphasen wie geplant in den Monaten Juli bis September stattfinden soll. 

Pröll: "25-Jährige sollen sich auf eigene Beine stellen"

Viele Jugendliche, die nicht studieren, hätten schon lange Steuern gezahlt und schon lange keine Familienbeihilfe mehr bekommen. Es sei zu erwarten, dass mit dem neuen Studiensystem mit Bachelor- und Masterstufen genau zu diesen Zeitpunkt der erste Studienschritt bereits finalisiert ist. Man könne von 24-/25-Jährigen verlangen, sich auf eigene Beine zu stellen, so argumentiert Vizekanzler Josef Pröll die geplanten Kürzungen bei der Familienbeihilfe im heutigen Ö1-Morgenjournal. "Die beste Versicherung für unsere Kinder wird beantwortet durch die Frage, ob Österreich aus den Schulden herauskommt oder nicht", so Pröll.

Geht es nach den Sparplänen der Regierung, soll die Familienbeihilfe nur bis zum 24. Lebensjahr ausbezahlt werden. Bisher konnte man die Familienbeihilfe bis zum 26. Lebensjahr, im Ausnahmefällen bis zum 27. Lebensjahr beziehen. Die 13. Familienbeihilfe wird nur mehr an Kinder vom sechsten bis zum fünfzehnten Lebensjahr ausbezahlt und auf eine Pauschale von 100 Euro beschränkt.

Sozialexperte Mazal ortet verfassungsrechtliche Probleme

Der Sozialexperte Wolfgang Mazal ortet bei der geplanten Senkung der Anspruchsdauer bei der Familienbeihilfe verfassungsrechtliche Probleme. Dem widerspricht der Verfassungsexperte Theo Öhlinger: Der Plan sei zwar politisch unklug, aber nicht verfassungswidrig. Im Familienstaatssekretariat betonte man am Montag, dass die Vorbehalte derzeit geprüft würden.

Die Senkung der Anspruchsdauer trifft vor allem Studenten. Mazal hält die Reduktion der Bezugsdauer für "verfassungsrechtlich problematisch". Er verwies diesbezüglich in mehreren Medien auf die Judikatur des VfGH in den 1990er-Jahren. Demzufolge müsse die Hälfte des Lebensbedarfs bis zum Ende der Unterhaltspflicht durch soziale Transferleistungen und Steuerbegünstigungen ausgeglichen werden. Diese Unterhaltspflicht dauere so lange an wie die Ausbildung.

Öhlinger kann hingegen keine verfassungsrechtlichen Probleme erkennen: Ein Regelstudium könne grundsätzlich bis zum vollendeten 24. Lebensjahr abgeschlossen werden, daher komme der Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung hier nicht zum Tragen, meinte er gegenüber der APA.

Grüne kritisieren Pröll

Wenn die Familienbeihilfe auf das vollendete 24. Lebensjahr reduziert wird, bedeutet das einerseits erhöhte Armutsgefährdung für Studierende und andererseits die Forcierung einer maximalen Leistungsgesellschaft im Bildungssystem. "Wer bis 25 nicht fertig ist, hat verloren, ist die eiskalte Devise von Finanzminister Pröll", erklärt Tanja Windbüchler, Sprecherin für Jugend und Zivildienst der Grünen, in einer Stellungnahme.

Junge Erwachsene mit 25 müssten rund 870 Euro pro Monat aufwenden (Wohnung, Nahrung, etc.). Der Wegfall der Familienbeihilfe bedeute Armtsgefährdung oder Raus aus dem Bildungssystem, meinte Windbüchler.

Außerdem kritisiert sie, dass Jugendliche und junge Erwachsene in die Verhandlungen einmal mehr nicht eingebunden wurden. Die Bundesjugendvertretung ist die Sozialpartnerin für Jugendbelange.  (red/derStandard.at, 25. Oktober 2010)