Finanz- Staatssekretär Andreas Schieder

Foto: Standard/Matthias Cremer

Einschnitte für Familien und Pflegepatienten, dazu viele Massensteuern. Was daran sozialdemokratisch ist, verrät Finanz- Staatssekretär Andreas Schieder im Interview mit Gerald John.

STANDARD: Trägt dieses Budget eine rote Handschrift.

Schieder: Im Vordergrund stand natürlich die Konsolidierung. Was die Einnahmen betrifft, trägt dieses Budget aber eine sozialdemokratische Handschrift: Da haben wir – etwa bei der Vermögenszuwachssteuer – so manche heilige Kuh geschlachtet. Und auch bei den Einsparungen haben wir auf die Ausgewogenheit geachtet. Wir stehen zwar auf der Bremse, haben aber Spielraum für gezielte Maßnahmen wie den Ausbau von Ganztagsschulen. Wenn ich mir andere EU-Staaten anschaue, behaupte ich: Wir haben einen sehr weisen Haushalt vorgelegt.

STANDARD: 80 Millionen für Unis und Schulen sind angesichts der Probleme nicht viel. Die Regierung hat ein restriktives Budget gemacht – und lindert hinterher halt ein bissl den Schmerz.

Schieder: Es war wichtig, gegenüber den internationalen Finanzmärkten einen vernünftigen Konsolidierungspfad zu präsentieren. Abgerechnet wird aber am Jahresende. Es gibt noch einen gewissen Spielraum, um mit konjunkturellen Maßnahmen gegenzusteuern, falls die Wirtschaft im nächsten Jahr schwächeln sollte.

STANDARD: Angehoben werden auch viele Massensteuern, was die SPÖ stets ausgeschlossen hatte.

Schieder: Ja, das sind Steuern, die wir nicht wollten. Bei der Mineralölsteuer haben wir aber durchgesetzt, dass Diesel stärker verteuert wird als Benzin, um dem Umweltgedanken Rechnung zu tragen und den Tanktourismus der Frächter zu belasten.

STANDARD: Es gibt Kürzungen bei der Familienbeihilfe und Pflege. Klingt nicht sozialdemokratisch.

Schieder: Das ist hart, hält sich aber im Rahmen. Immerhin haben wird die 13. Familienbeihilfe als Pauschale für Schüler erhalten – 100 Euro helfen weiter, wenn eine neue Schultasche angeschafft werden muss. Auch dass der Zugang zum Pflegegeld der Stufen 1 und 2 um eine Spur erschwert wird, ist akzeptabel. Wichtig war, bei schweren Pflegefällen nichts zu machen. Für Stufe 6 gibt es sogar eine Erhöhung. Die Sachleistungen sollen ausgebaut werden, aber das ist Länderkompetenz.

STANDARD: Eben. Werden sich diese jetzt nicht erst recht zurücklehnen, wo die Regierung eh schon die Drecksarbeit gemacht hat?

Schieder: Nicht alle Länder sind mehr bereit, sich gegenseitig die Mauer zu machen. Kein Landeshauptmann, der Sparen ernst nimmt, will ausbaden müssen, dass das Nachbarland nach Holladero-Manier lebt. Wir brauchen deshalb einen Sanktionsmechanismus, laut dem jenes Bundesland die Strafe an die EU zahlt, das die Budgetregeln verletzt.

STANDARD: Halten Sie das Budget für einen großen Wurf?

Schieder: Es ist zuallererst ein Budget, das sein Ziel erfüllen wird. Die Konsolidierung ist sozial verträglich, wird aber nicht alle happy machen. Ich freue mich ja, dass die Industriellenvereinigung bei der Klausur mit den Plakaten gegen die Steuerlawine vorgefahren ist – kommen die noch öfter, fallen uns noch drei gute Ideen ein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.10.2010)