Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner

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Die ÖVP muss Steuern akzeptieren. Warum er trotzdem zufrieden ist, erklärt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Gespräch mit Gerald John.

STANDARD: Trägt dieses Budget eine schwarze Handschrift?

Mitterlehner: Es trägt vor allem eine solide Handschrift. Der Konsolidierungspfad wird erfüllt, und dennoch haben wir Kraft für Offensivmaßnahmen. Das von der ÖVP angepeilte Verhältnis zwischen Sparmaßnahmen und neuen Steuern wurde mit 60:40 präzise eingehalten. Es handelt sich um ein gemeinsames Budget, bei dem es keine Sieger und Besiegte gibt.

STANDARD: Viele der neuen Steuern waren der ÖVP vor nicht allzu langer Zeit aber noch ein Graus.

Mitterlehner: Die ÖVP wollte zu erst über das Sparen reden und dann über neue Steuern. Die Begeisterung hält sich über so manches in Grenzen. Aber in einer Koalition gibt es immer nur die Möglichkeit, einen Kompromiss zu erzielen – und der diesmalige ist ausgewogen. Alle werden etwas jammern. Ich wäre beunruhigt, wenn eine Gruppe besonders zufrieden wäre.

STANDARD: Die Hackler-Frühpension wird, anders als die ÖVP wollte, nicht abgeschafft, sondern nur eingeschränkt. Ist das nicht zu wenig, um das Pensionsalter entscheidend zu heben?

Mitterlehner: Das ist eine mehr als solide Lösung. Wenn wir alles beim Alten belassen würden, brächte die Hacklerregelung zwischen 2014 und 2018 Mehrkosten von 4,8 Milliarden Euro – nun, wo das Antrittsalter mit einem Sprung auf 62 angehoben wird, werden es nur 280 Millionen Euro sein. Das ist durch die Einschränkung der Anrechnung der Ersatzzeiten de facto eine Abschaffung. Und: Die neue Regelung ist kein Dauerrecht, es kann und wird weitere Reformen geben.

STANDARD: Die Kürzungen bei der Familienbeihilfe werden ein harter Schlag für ärmere Familien sein.

Mitterlehner: Nicht, wenn man die Situation mit dem Stand von 2008, also vor der Krise, vergleicht. Auch nach den Kürzungen werden wir noch über dem damaligen Niveau liegen. Wir wollten aber nicht die Liquidität einschränken und linear kürzen, das wäre fad und instinktlos. So wird die 13. Familienbeihilfe auf ein Schulstartgeld reduziert. Im Gegenzug schaffen wir den Selbstbehalt bei den Schulbüchern ab. Das entlastet Familien um zehn Millionen.

STANDARD: Wieder einmal aufgeschoben sind hingegen nötige Investitionen in die Kinderbetreuung.

Mitterlehner: Mein Ministerium hat um 28 Millionen mehr gespart, als es müsste. Ich habe die Absicht, einen Teil dieses Geldes für Kinderbetreuung zu verwenden. Aber das muss erst verhandelt werden.

STANDARD: Überhaupt ist das Volumen der Offensivmaßnahmen eher bescheiden. Verschläft die Regierung nicht wichtige Investitionen?

Mitterlehner: In meinem Bereich werden viermal 100 Millionen für die thermische Sanierung ausgegeben. Das ist mehr, als wir jemals hatten. Auch die Anhebung der Forschungsprämie um 100 Millionen ist ein gelungener Schritt. Natürlich wäre mir lieber, wir könnten den Familienbereich so belassen. Aber der Auftrag war nun einmal, zu konsolidieren. (Gerald John, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.10.2010)