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Engagement gegen Rassismus: Martin Grubinger.

Foto: Archiv

Wien - Keine fünf Minuten dauert die Unterhaltung mit Martin Grubinger, und schon ist der derzeit gefragteste Schlagzeuger bei seinem Lieblingsthema: Politik. Warum er nicht in Kärnten auftritt. Warum es ihm wichtig ist, bei jeder Gelegenheit gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit Stellung zu beziehen. Und, schließlich findet das Interview im Wiener Hotel Imperial statt, dass er mit altösterreichischer Nostalgie wenig anfangen kann und als glühender Demokrat auch mit der institutionellen Monarchie so seine Probleme hat.

Dazu passende außermusikalische Zukunftspläne hätte Grubinger auch: "Geschichte interessiert mich sehr. Das möchte ich noch studieren. Vielleicht werde ich ja nicht unbedingt bis ins 60. Lebensjahr Schlagzeug spielen", sagt er und lacht. Vorerst aber konzertiert der 1983 geborene Salzburger - zum Beispiel am Donnerstag, 21.10., im Musikverein mit dem RSO Wien - zur Verblüffung von Publikum und Kritik, die sich in Ermangelung adäquater Worte in Superlativen über die Virtuosität des "Multiperkussionisten" (Selbstdefinition) überschlägt.

Dass man ihm musikalisch zuhört, nutzt Grubinger auch, um mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg zu halten, sei es in Workshops und im Gespräch mit dem Publikum: "Ich glaube, dass wir als Künstler eine Botschaft haben. Komponisten von Mozart und Beethoven bis Strawinsky oder Friedrich Cerha waren und sind ja auch hochpolitisch." Und so meldet sich der Musiker zu Wort. Beim heurigen Schleswig-Holstein-Festival hat er etwa vor dem Konzert ein Statement gegen aktuelle kulturpolitische Sparpläne gegeben und damit auch Kritik von deutschen Medien geerntet.

"Es wird einfach immer an den falschen Stellen gespart, bei Kunst und Kultur, Bildung oder Gesundheit. Ich kann nicht glauben, dass diejenigen, die die Finanzkrise verantwortet haben, nichts beitragen sollen." Selber setzt Grubinger in mehrerer Hinsicht auf Verständigung: etwa als Moderator des Klassikmagazins KlickKlack beim Bayerischen Fernsehen, das sich vor allem an ein jugendliches Publikum wendet.

Oder mit der aktuellen CD Drums 'n' chant", die gerade bei seinem neuen Label erschienen ist (Deutsche Grammophon) und in der er Gregorianischen Choral mit Neukompositionen verbindet: "Meine Instrumente sind multikulturell, kommen aus allen Teilen der Welt. Ziel der CD war es, dieses Multikulturelle in Zusammenhang mit Kirchenmusik zu stellen, sie mit Samba, Salsa, Tango und afrikanischer Stammesmusik zu konfrontieren. Ich habe mir zum Beispiel vorgestellt, dass Mönche in Afrika in einem sakralen Raum singen, und rundherum erklingen die Stammestrommeln."

Basis waren Archivaufnahmen der Benediktinermönche aus Münsterschwarzbach, mit denen Grubinger für das Projekt eng zusammenarbeitete. Seine Maxime? "Größter Farbenreichtum, maximale Abwechslung." (Daniel Ender / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.10.2010)