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Erste-Chef Treichl sind die Kunden zuwenig risikobewusst.

Foto: Reuters/Bader

Wien - Die EU will Sparer EU-weit besser vor Bankenpleiten schützen und ihnen im Ernstfall wesentlich rascher zu ihrem Geld verhelfen. Die EU-Kommission will für Spareinlagen eine dauerhafte gesetzliche Deckungsgarantie von 100.000 Euro je Kunde bei einer Bank vorschreiben, wie sie in Österreich seit Jahresbeginn wirksam ist. EU-weit sollen die Standards zur gesetzlichen Absicherung von Bankeinlagen harmonisiert werden.

Damit wären in Europa laut Brüssel 95 Prozent sämtlicher Spareinlagen garantiert. Geht eine Bank in die Pleite, sollen die Sparer binnen sieben Tagen ihre Guthaben überwiesen bekommen - zurzeit dauert dies oft mehrere Monate. Die Banken selbst müssten dem EU-Vorschlag zufolge mehr Geld zur Seite legen: 1,5 Prozent der erstattungsfähigen Einlagen sollen laut Barnier künftig jederzeit abrufbereit stehen. Banken mit höheren Risiken sollen dabei höhere Beitragssätze in einen Sicherungsfonds zahlen.

Hoher Selbstbehalt

Einen Beitrag zur laufenden Diskussion lieferte heute der Chef der Erste Group, Andreas Treichl im Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten. Er wünscht sich einen sehr hohen Selbstbehalt bei der staatlichen Einlagensicherung für Sparguthaben. Er habe zur Einlagensicherung seine "ganz eigene, nicht unumstrittene Meinung", so der Bank-Chef: "Um Krisen besser vermeiden zu können, müssen wir die Kunden zu mehr Risikobewusstsein erziehen. Diesem Ziel ist die Einlagensicherung abträglich. Der Kunde sollte schon verpflichtet sein, zu eruieren, was hinter einem größeren Renditeversprechen steckt. Es stimmt einfach nicht, dass Geld auf der Bank zu 100 Prozent sicher sein kann, egal was passiert. 

Sachlich diskutieren

Gegen eine staatliche Einlagensicherung sei er nicht, aber für einen sehr hohen Selbstbehalt.
Auf überschaubares Interesse aus der Politik angesprochen meint Treichl: "Ich sehe ein, dass es gegen meine Meinung berechtigte Einwände gibt. Aber zumindest sollte sachlich darüber diskutiert werden." Unterstützung für Treichl kommt auf derStandard.at-Anfrage aus dem Raiffeisenreich. Andreas Pangl, Generalsekretär des Fachverbandes der Raiffeisenbanken: "Wir teilen diese Meinung. Die Absicherung durch die Einlagensicherung darf nicht dazu führen, dass sich der Kunde nicht mehr die Bank anzusehen braucht, der er sein Geld anvertraut. Ein Selbstbehalt würde de facto dazu führen, dass unrealistisch hohe Zinsen nicht mehr gesichert sind."

Die Volksbanken sehen auf Anfrage keinen Veränderungsbedarf. Auch Bank Austria-Vorstandschef Willibald Cernko ist etwas anderer Ansicht als Treichl: "Wir glauben, dass derzeit nicht die Zeit ist, das Regime der Einlagensicherung infrage zu stellen, zumal die Unsicherheit hinsichtlich eines nachhaltigen Aufschwungs unverändert groß ist", heißt es auf Anfrage von derStandard.at. Allerdings gelte es für die Zukunft schon zu überlegen, wie die Einlagensicherung zu gestalten sei, "um Marktverzerrungen - etwa durch besonders aggressiv auftretende Marktteilnehmer aus dem Ausland, wie wir das ja schon gesehen haben, zu vermeiden und solcherart eine andere Form des Moral Hazards auszuschließen." (rb, derStandard.at, 20.10.2010)