Stuttgart - Am kommenden Samstag wollen Befürworter und Gegner des Bahnprojekts "Stuttgart 21" zeitgleich in Bahnhofsnähe Kundgebungen abhalten. Nach einem Lauf "für Stuttgart 21" sollen am Nachmittag auf dem Schlossplatz der Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, der baden-württembergische Landesverkehrsministerin Tanja Gönner, der frühere Ministerpräsident Erwin Teufel (beide CDU), der vormalige "Stuttgart 21"-Sprecher und Vize-Landtagspräsident Wolfgang Drexler (SPD) sowie FDP-Landtagsfraktionschef Hans Ulrich Rülke sprechen. Dies kündigte das Bündnis der Befürworter am Mittwoch an.

Das Aktionsbündnis der "Stuttgart 21"-Gegner wollte sich am Mittwoch vom Stuttgarter Ordnungsamt eine Kundgebung vor dem Bahnhof genehmigen lassen. Notfalls wolle man bis vor das Verwaltungsgericht ziehen, kündigten Bündnissprecher Gangolf Stocker und Organisator Rainer Benz an. Die Gegner wollen am Samstag auf einen Demonstrationszug verzichten. Auf der Kundgebung um 15.00 Uhr sollen der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi, der Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Berthold Frieß, und der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, auftreten.

Die "Initiativen für Stuttgart 21" planen auch für Donnerstag einen Befürworterlauf und im Anschluss zum zweiten Mal Gespräche mit Gegnern am Bauzaun. Gerade zu Beginn der Schlichtungsgespräche wollten die Befürworter zeigen, dass sie auf die Gegner zugehen wollten, sagte der Initiator der Aktion, Matthias Kauffmann. Am vergangenen Donnerstag hatten Veranstalterangaben zufolge 400 Personen friedlich am Bauzaun über das umstrittene Bahnprojekt diskutiert.

"Befremdlich, dass sie uns kopieren"

Das Aktionsbündnis der Gegner fühlt sich von den Organisatoren der Projektbefürworter nicht verdrängt. "Es ist aber befremdlich, dass sie uns kopieren", sagte Benz. Er habe keine Zweifel daran, dass die Veranstaltungen friedlich ablaufen. Einen Aufruf, Aktionen wie die Besetzung des Bahnhofs-Südflügels am vergangenen Samstag zu unterlassen, werde es nicht geben. Die jüngste Besetzung kommentierte Benz mit den Worten: "Wir würden das nicht machen, weil wir es zu diesem Zeitpunkt ziemlich doof finden." Das Aktionsbündnis werde wie immer deeskalierend auftreten.

Unterdessen kündigte die FDP-Landtagsfraktion ihre Unterstützung für die am Freitag beginnenden Schlichtungsgespräche an. "Wir stehen voll und ganz hinter 'Stuttgart 21'. Wir bitten jedoch Herrn Geißler, auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken, sich im Rahmen des Vermittlungsverfahrens erneut auch zu anderen dringend notwendigen Schienenprojekten in Baden-Württemberg zu bekennen", sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke nach einem Informationsbesuch von Schlichter Heiner Geißler (CDU). Es müsse immer wieder deutlich gemacht werden, dass durch die Verwirklichung von "Stuttgart 21" kein dringendes Vorhaben in Baden-Württemberg ins Hintertreffen gerate.

Der deutsche Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wandte sich unterdessen gegen die Vorstellung, ein Wahlsieg der Grünen in Baden-Württemberg würde das Projekt beenden. "Ich prophezeie: Wenn die Grünen politisch mitentscheiden könnten, würden auch sie mit 'Stuttgart 21' weitermachen", sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit" laut Vorausbericht. Er habe "keine Legitimation", das Neubauprojekt zu stoppen, denn sein Vorgänger habe rechtskräftige Verträge unterschrieben und daran sei er gebunden, sagte Raumsauer. Ein Ausstieg aus diesen Verpflichtungen würde "richtig teuer". Der wirtschaftspolitische Sprecher der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion, Reinhard Löffler, hielt den Grünen vor, sich in einer Arbeitsgruppe 1995 für eine Version von "Stuttgart 21" eingesetzt zu haben, die mit der heutigen Planung identisch sei. (APA)