Standard: Wenn Sie noch Student wären, hätten Sie jetzt an den Demos und Protesten teilgenommen?

Cap: Ich kann voll verstehen, dass es jetzt diese Kritik und diese Proteste gibt. Voll verstehen. Ich füge nur in Klammer hinzu: Es hat von 2000 bis 2006 fast eine Strategie des Aushungerns der Universitäten von der damaligen Regierung gegeben. Und in den ersten Jahren, als die Studiengebühren eingehoben worden sind, kamen die gar nicht den Universitäten zugute, sondern wurden zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet. Das soll man nie vergessen, das ist ganz wichtig, dass man sich das immer wieder in Erinnerung ruft.

Standard: Damals wurde auch demonstriert, wie dieser Tage.

Cap: Ja, ist in Ordnung. Sag ich ja. Ich kann das nachvollziehen. Und es ist auch richtig: Wer will, dass wir konkurrenzfähig sind, auf den internationalen Arbeitsmärkten, in der Forschung, der muss für ein effizientes, nachhaltiges und wirksames Bildungssystem sein. Da spielen die Universitäten eine wichtige Rolle.

Standard: Aber genau diese Universitäten gehen jetzt auf die Straße. Rektoren, Professoren und Studenten beklagen, dass es zu wenig Geld gibt und die Unis ausgehungert werden.

Cap: Die Unis werden nicht ausgehungert, die Signale aus der Regierung sind andere. Der Bildungsbereich hat einen ganz besonderen Stellenwert, der soll von Sparmaßnahmen eigentlich ausgeschlossen sein. Aber über gewisse Entwicklungen kann man durchaus reden. Das eine ist: Es wird immer über diese überfüllten Hörsäle gesprochen. An ausländischen Hochschulen, vor allem im angelsächsischen Raum, gibt es etwas, was es in Österreich so noch nicht gibt, nämlich E-Learning und Blended Learning. Da wird ein Mix aus Präsenz und E-Learning angeboten. Das ist doch eine Überlegung, oder? Man kann Einführungsvorlesungen auch über Livestream anbieten. Ich will nicht sagen dass das ein kompletter Ersatz ist, aber es ist eine Möglichkeit. Zweitens muss man dieses Studien-Checker-System ausbauen. Es muss mehr Information geben, und die rechtzeitig. Noch entscheiden sich ja 60 Prozent der Studienanfänger für nur zehn Prozent der Studienrichtungen. Wenn ich schon Studieneingangs- und Orientierungsphasen und diese vielfach kritisierten Zugangsbeschränkungen habe, dann sollen diese nicht dazu führen, dass die Leute vom Studium abgehalten werden, sondern dass sie das Richtige studieren. Es geht um die Treffsicherheit bei der Auswahl des Studiums.

Standard: Mit Zugangsbeschränkungen könnten Sie aber jedenfalls leben?

Cap: Nein, nein, Zugangsbeschränkungen sind für uns nach wie vor ein ganz kritisches Thema, weil wir für offene Universitäten sind. Wir meinen eher die Studienorientierung, die Eingangs- und Orientierungsphasen, das ist wichtig. Zugangsbeschränkungen sind nur eine zeitlich befristete Notlösung. Allein die Diskussion über Zugangsbeschränkungen hat dazu geführt, dass sich in bestimmten Studienrichtungen weniger Leute anmelden. Das zeigt, dass sich viele Studenten am Anfang nicht sicher sind, was sie eigentlich studieren wollen. Diese Unsicherheitsphase muss man mit noch mehr Informationsangeboten in den Griff bekommen.

Standard: Die entscheidende Frage im Augenblick ist aber eine andere. Sie lautet: Bekommen die Unis mehr Geld oder nicht?

Cap: Ja ja. Es gibt volles Verständnis bei uns, und am Ende des Tages wird der gesamte Bildungsbereich über finanzielle Zuwachsraten verfügen. Über das brauchen wir nicht zu diskutieren, sonst werden wir in ein paar Jahren nicht mehr konkurrenzfähig sein. Aber die Rektoren müssen auch etwas beitragen, sie müssen für mehr Transparenz sorgen: Was wird eigentlich mit dem Geld gemacht, wo gibt es Effizienzreserven, Doppelgleisigkeiten? Da können die Rektoren durchaus noch etwas einbringen.

Standard: Was wären denn Ihre Vorschläge?

Cap: Na, ich bin kein Rektor, das muss schon von den Rektoren ausgehen. Der freie Zugang zu den Universitäten muss aber jedenfalls weiterhin garantiert sein. Aber es gibt Organisations- und Kommunikationsverbesserungen, um der Engpässe Herr zu werden.

Standard: Und Studiengebühren nur über Ihre Leiche?

Cap: Das Wort Leiche würde ich nicht ins Treffen führen. Aber Studiengebühren sind Barrieren, und die wollen wir nicht. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 20.10.2010)