Stellt sich weiterhin gern eine Nacht lang an, um zum neuesten Gadget der Firma zu kommen, die er mitgründete: Apples "anderer Steve", Ko-Gründer Steve Wozniak.

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Für manche ist er der Thomas Edison des 20. Jahrhunderts, der quasi das Licht der Computerisierung massentauglich gemacht hat: Steve Wozniak, "der andere Steve", der zusammen mit Steve Jobs Apple gründete. Mit dem eigenen Lötkolben baute "Woz" den Apple I, dann den Apple II, auf den sich Apples Erfolg gründete. Auf Einladung von Telekom Austria sprach Wozniak Montagabend zusammen mit dem Erfinder Ray Kurzweil über "Mensch und Maschine".

"Ich mache das, weil es Spaß macht."

Obwohl er 1987 aus der Firma ausschied, von der er bis heute einen regelmäßigen "Paycheck" bekommt, blieb Wozniak ein treuer Apple-User. Immer noch stellt er sich in der Nacht vor dem Verkauf neuer Produkte an, erzählt er im Gespräch mit dem Standard und derStandard.at. "Ich könnte natürlich ein iPhone mit der Post oder von Steve Jobs bekommen. Ich mache das, weil es Spaß macht. Es ist wie eine ganze Nacht draußen sitzen, um Konzertkarten zu bekommen - eine schöne Erinnerung im Leben."

Drei iPhones nennt er sein Eigen, "eines davon geknackt", "Jailbroken", wie es heißt, wenn man Apples Sperren hackt. "Das ist legal", fügt er hinzu. Wozniaks Designphilosophie für den Apple II war nicht die geschlossene Welt, die Apple heute darstellt. Als Ingenieur war es ihm wichtig, unter die Haube schauen und Änderungen vorzunehmen zu können. Heute kann man hingegen bei Apples Geräten nicht einmal den Akku selbst tauschen. Dies sei von "Steve Jobs' Persönlichkeit geprägt und seinem Empfinden gegenüber Produkten, schon in den frühen Tagen", sagt Wozniak.

Innovation

In den frühen Tagen der Entwicklung des Personal Computers sei diese gegenseitige Befruchtung nötig gewesen. "Heute sind Computer so verbreitet wie Fernseher", darum sei es nicht mehr wichtig, an den Produkten selbst herumzuschrauben. Obwohl es "in den USA große Sorgen gibt, wo künftig Innovation herkommt, woher die Leute kommen, die Interesse an Technologie, Naturwissenschaften und Mathematik haben. Das sind die Menschen, die liebend gern in ein Produkt hineinschauen und einem Programm etwas hinzufügen und experimentieren wollen. Die werden von solchen Produkten zurückgehalten", sagt Wozniak. "Das sind mir die liebsten Menschen, und sie schaffen es ja auch, das iPhone zu hacken, was ihnen etwas mehr Zugang gibt. Das tut ja niemandem weh, nicht einmal Apple."

Entwicklungen

Wo sieht er die nächsten großen technologischen Entwicklungen? "Jede Technologie, die großen Einfluss auf uns hat, wird irgendwie Teil unseres persönlichen Lebens und eine Art Freund, den wir um uns haben wollen, und nicht nur ein Werkzeug, um etwas zu erledigen. In dieser Hinsicht haben wir mit den Touchscreens einen großen Schritt gemacht. So wie bei anderen Dingen greifen wir bei Touchscreens etwas direkt an und brauchen keine Maus als Fernbedienung mehr. Damit sind wir der menschlichen Welt einen Schritt näher gekommen. Und je näher eine Technologie unserer Art kommt, desto mehr wird sie sich durchsetzen."

"Es hat sehr lange gebraucht, 20 bis 30 Jahre lang wurde es laufend ein bisschen besser"

Wozniak sieht in Spracherkennung eine wesentliche Entwicklung der nächsten Zeit. "Es hat sehr lange gebraucht, 20 bis 30 Jahre lang wurde es laufend ein bisschen besser. Aber jetzt hat Spracherkennung einen Riesensprung gemacht, ich kann sogar während eines lauten Konzerts in mein Handy sprechen, und es funktioniert fast perfekt."

"Die Art, wie Menschen sprechen, ist nicht eindeutig, während man beim Schreiben eines Computerprogramms keinen Buchstaben auslassen kann. Wenn ich beispielsweise etwas im Kalender eintragen will, will ich nicht einem Haufen Regeln folgen, ich will nicht einmal eine Kalender-App öffnen, sondern das einfach ansagen können. Nach und nach werden die Maschinen das lernen, ein bisschen wie Eliza" - das von Joseph Weizenbaum in den 60ern entwickelte Computerprogramm, das einen Gesprächstherapeuten auf ironische Art simulierte.

Es ist ungewöhnlich, in Volksschulen zu unterrichten, nachdem man großen Erfolg hatte

Seit seinem Rückzug bei Apple 1987 - im Guten, wie er in seiner Autobiografie iWoz schreibt, auch mit Steve Jobs blieb er freundschaftlich verbunden - widmet sich Wozniak als Sponsor Schulprojekten. Er selbst unterrichtet gern: "Ich habe mich zu Schulen schon lange vor Technologie hingezogen gefühlt, seit ich zehn bin. Mir gab die Schule sehr viel, und ich wollte Ingenieur wie mein Vater und Lehrer werden. Ich habe das mein ganzes Leben mitgetragen und beobachte immer, wie sich das Denken eines Kindes entwickelt. Es ist ungewöhnlich, in Volksschulen zu unterrichten, nachdem man großen Erfolg hatte. Acht Jahre lang hab ich das geheim gemacht, weil ich nicht wollte, dass das in der Zeitung steht." (Helmut Spudich, DER Standard Printausgabe, 19. Oktober 2010)

Das Interview im Wortlaut und als Video am Mittwoch auf: derStandard.at/Web

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