Cambridge – Mit seinen Apfelmännchen hat es der US-französische Mathematiker und Geometrieexperte in den Achtziger- und Neunzigerjahren sogar bis in die Popkultur geschafft. Am Donnerstag vergangener Woche starb Benoît Mandelbrot, der als Vordenker auf dem Gebiet der sogenannten fraktalen Geometrie zudem zu einem der anregendsten Forscher in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde.

Mandelbrot trieb mit seiner Forschung nicht nur zentrale Entwicklungen auf vielen Fachgebieten innerhalb und außerhalb der Mathematik voran, so beispielsweise in der Physik und der Biologie. Der 1924 in Polen geborene Mathematiker wurde mit seinen visuell beeindruckenden Fraktalen auch zu einer Schlüsselfigur bei der Wiederannäherung von Kunst und Wissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten.

Ein typisches Beispiel der von Mandelbrot erforschten Fraktale ist die italienische Karfiolart Romanesco: eine Form, die sich – immer kleiner werdend – unendlich oft wiederholt. Jedes kleine Teilchen sieht exakt so aus wie der gesamte grüne Karfiol.

Vermesser von Wolken

Neben der eindrücklichen ästhetischen Wirkung hatten Mandelbrots Forschungen aber auch höchst praktische Bedeutung: Sie ermöglichten unter anderem die Vermessung von zuvor unmessbaren Küstenlinien und Wolken.

Mandelbrot, der in Paris studierte und promovierte, verbrachte den größten Teil seines Berufslebens in einem Forschungslabor des Elektronikkonzerns IBM im US-Bundesstaat New York. Daneben und vor allem danach lehrte er an den Unis von Cambridge und Yale und wurde mit mehreren Wissenschaftspreisen ausgezeichnet. Bekannt wurde er über die Wissenschaft hinaus mit dem Buch Die fraktale Geometrie der Natur.

Wie seine Familie am Sonntag mitteilte, erlag Mandelbrot am Donnerstag im Alter von 85 Jahren in Cambridge (USA) einem Krebsleiden. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2010)