Zwei Frauen stehen sich gegenüber, jeweils an die Wand gelehnt. Judith (Judith Richter), eine erfolgreiche Ärztin, und ihre Schwägerin Lisa (Lisa Fuchs). Dazwischen tut sich der schwarze Raum des Phönix-Studios auf, von der Decke hängen weiße Requisiten: March Hölds Stück Das Ende einer Geschichte feiert in einer beengten Blackbox seine Uraufführung. In der Regieanweisung ist von einem weiten, hellen Loft als Schauplatz die Rede. Doch Regisseurin Anna Katharina Winkler wird in der Folge nicht nur den Raum verdichten, sondern auch den surrealen Ebenen des Stückes mit viel Halbdunkel Vorschub leisten. Zunächst aber nimmt sich alles recht harmlos aus. Lisa kommt mit Judiths Mutter, um die sie sich kümmert, auf Besuch. Zwischen den Schwägerinnen werden Höflichkeiten und Sticheleien ausgetauscht, bis der Grund des Besuchs aufs Tapet kommt. Die Geburt Judiths sei eine seltsame Geschichte gewesen. Der alte Mantel der Mutter wird zum geheimnisvollen Indiz dafür, und vor der Wohnungstür taucht immer wieder eine fremde alte Frau auf (komisch bis süffisant: Peter Woy), die erstaunlich gut über Judith Bescheid weiß. Die surrealen Qualitäten von Hölds Stück beginnen sich hier zu entfalten. Zeitebenen verschieben sich, die erlebte Realität kippt allmählich ins (Alb-)Traumhafte. Ist Judith eine Frühgeburt gewesen oder abgetrieben worden? Des Rätsels Lösung wird nicht verraten, und mit dem Zurückspulen der Handlung hängt am Ende alles endgültig in der Zeitschleife fest. Viel Applaus für eine gelungene Theaterminiatur im Geiste David Lynchs. (wo, ALBUM/DER STANDARD - Printausgabe, 16./17. Oktober 2010)