Jerusalem/Ramallah - Israel will ungeachtet internationaler Kritik an seiner Siedlungspolitik den Bau von mehr als 200 neuen Wohnungen in Ostjerusalem ausschreiben. Wie israelische Medien am Freitag berichteten, gab das Bauministerium grünes Licht für 238 Wohnungen. Der palästinensische Verhandlungsführer Saeb Erekat sagte, Israel sei damit verantwortlich für das Scheitern der Friedensgespräche.

Laut einem Bericht des israelischen Radios sollen 238 Wohnungen in den Ostjerusalemer Siedlungen Ramot und Pisgat Zeev entstehen. Der Zeitung "Yedioth Aharonoth" zufolge informierte die israelische Regierung die USA, bevor sie das grüne Licht für die Ausschreibung gab. Die USA hätten zwar protestiert, aber keine "drastischen Maßnahmen" ergriffen, berichtete der israelische Rundfunk am Freitag. Nach diesen Angaben ist es die erste Ausschreibung in Ostjerusalem seit mehr als zehn Monaten.

Es ist außerdem die erste Ausschreibung für neue Wohnungen in jüdischen Siedlungen seit dem Ablauf eines Baustopps am 26. September. Der auf internationalen Druck verhängte Baustopp bezog sich zwar nicht auf Ostjerusalem, Israel hatte aber dennoch Ausschreibungen für dortige Bauprojekte vermieden.

"Politische Geste"

Erekat kritisierte die Ausschreibung scharf. "Wir verurteilen diese Entscheidung und fordern die US-Regierung auf, die israelische Regierung für das Scheitern der Friedensverhandlungen verantwortlich zu machen, weil sie darauf beharrt, jegliche Chance für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zunichte zu machen", sagte er.

Ähnlich äußerte sich die israelische Bewegung Peace Now (Frieden Jetzt/Shalom Ahshav). "Diese Ankündigung ist eindeutig eine politische Geste, die darauf zielt, die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern zu behindern", sagte die für Siedlungsfragen zuständige Vertreterin der Organisation, Hagit Ofran.

Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle kritisierte die israelische Entscheidung indirekt. Es bestehe ein gemeinsames "großes Interesse daran, dass der Friedensprozess im Nahen Osten vorangehen kann", sagte er am Freitag in Brüssel. "Deswegen ermutigen wir alle unsere Gesprächspartner im Nahen Osten, auch die Dinge zu unterlassen, die den Gesprächsprozess, den Verhandlungsprozess behindern oder beschädigen könnten."

Der Bau jüdischer Siedlungen in Ostjerusalem und im Westjordanland ist ein zentraler Streitpunkt bei den Friedensgesprächen zwischen Israelis und Palästinensern. Insbesondere die USA fordern eine Verlängerung des Siedlungsstopps im Westjordanland. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte dies am Montag angeboten, wenn die palästinensische Führung im Gegenzug "Israel als Nationalstaat des jüdischen Volks" eindeutig anerkenne. Erekat wies die Forderung zurück.

Ägyptens Außenminister Ahmed Abul Gheit schlug am Freitag vor, im Falle eines Stockens der Nahost-Gespräche könne die Arabische Liga bei den Vereinten Nationen die Anerkennung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 sowie dessen Vollmitgliedschaft in der UNO beantragen. Israel lehnt einen Rückzug auf die Grenzen von 1967 ab.

Mit jeweils mehr als 40.000 Einwohnern gehören Ramot und Pisgat Zeev zu den größten "Vororten" von Jerusalem. Israel hatte das ehemals arabische Land während des Sechstagekrieges von 1967 besetzt und später dem eigenen Staatsgebiet einverleibt. Die Israelis sprechen deshalb von Vororten. Die Palästinenser, aber auch die Europäische Union und die US-Regierung nennen die Gebiete Siedlungen. Israel will beide Stadtteile im Zuge einer künftigen Friedensvereinbarung mit den Palästinensern behalten. (APA)