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Der frühere Präsident des Ölkonzerns Elf Aquitaine, Loïk Le Floch-Prigent, steht in Paris vor Gericht.

Foto: REUTERS/Jack Dabaghian

"Ich sagte zu Mitterrand, entweder gehen wir nach Ostdeutschland oder wir gehen nicht. Aber wenn wir gehen, müssen wir Lobbying betreiben." So beschreibt der frühere Präsident des Ölkonzerns Elf Aquitaine (heute TotalFinaElf), Loïk Le Floch-Prigent, den Beginn der Affäre Leuna - benannt nach jener ostdeutschen Raffinerie Leuna, für die sich die Franzosen nach dem Fall der Berliner Mauer interessierten.

Der französische Staatschef François Mitterrand erteilte bekanntlich grünes Licht - auch für das Lobbying, wie Le Floch vor der Pariser Strafkammer betont. Wer die Millionen erhalten habe, will der Vorsitzende wissen, indem er auf eine Leinwandprojektion zeigt, auf der ein überaus verwickeltes Netz von vielstelligen Zahlen und Zahlungen, Pfeilen, Firmennamen, aber auch Fragezeichen abgebildet ist. Le Floch räuspert sich: Das wisse er nicht, das hätten seine Untergebenen geregelt.

Die Rede ist an sich von Bestechung, doch dieses Wort spricht im stickigen Verhandlungssaal des Pariser Justizpalastes niemand aus. 40 Millionen Euro flossen Anfang der 90er-Jahre aus den schwarzen Elf-Kassen nach Deutschland. Es wurde schon spekuliert, dass die CDU profitiert haben könnte oder das Kanzleramt von Helmut Kohl, dem deutschen Freund Mitterrands.

André Tarallo, der sich bei Elf um die "affaires africaines" kümmerte, aber auch im Leuna-Skandal mitmischte, klärt das Publikum auf: "Le Floch sagte mir, es sei ein äußerst heikles Dossier, denn in Deutschland könne man solche Affären nicht wie in Afrika behandeln." Tarallo räumt nur vage ein, die französischen und deutschen Geheimdienste seien verwickelt gewesen. Ganz neu ist das auch nicht.

Also versucht es der forsche Richter bei Alfred Sirven, der bei Elf die "schwarzen Kassen" bzw. Schweizer Konten kontrollierte. Der doziert, Lobbying in Deutschland sei ganz schön kompliziert, da man wegen der föderalen Struktur nicht nur bei der Regierung ansetzen, sondern auch die Länder "behandeln" müsse. Wen er genau behandeln ließ, weiß Sirven aber nicht mehr. "Zwei deutsche Minister", die er aber nicht persönlich gekannt haben will, sagt er wie schon in der Untersuchung.

Der Vorsitzende will wissen, über welche Geheimagenten die Gelder geflossen seien. Antwort: Hier habe er eine "Gedächtnisblockade". Also muss der Geschäftsmann Dieter Holzer vors Mikrofon, der allein 24 Millionen Euro von Elf erhielt. Als redlichen Lohn für seine Vermittlertätigkeit, verteidigt er sich; deutsche Politiker hätten auf jeden Fall "keine Elf-Gelder erhalten". Nicht einmal Kohls Exstaatssekretär Holger Pfahls, der auf der Flucht vor der Polizei ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.4./1.5.2003)