Doch nur 14 Prozent der EU-Gelder, die für die Roma-Bevölkerung in Rumänien vorgesehen sind, werden überhaupt abgerufen.

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Geld ist genug da für die Roma-Minderheit in Europa, nur kommt es bei den Betroffenen nicht an. Warum das so ist und wie man es ändern kann, war in dieser Woche Thema einer Konferenz der EU-Kommission in Bukarest.

Sozialkommissar László Andor wies auf die großen, gut gefüllten Töpfe der Union hin: den Sozialfonds, den Regionalfonds, den Fonds für ländliche Entwicklung, die seit dem EU-Beitritt 2007 auch Rumänien offenstehen. Aber "nicht viel" habe sich in den letzten Jahren geändert, sagte Andor. Von dem, was Rumänien mit seiner großen Roma-Gemeinschaft etwa aus den Fonds maximal zustünde, ruft es nur 14 Prozent ab. "Dabei ist Rumänien das einzige Land, wo Roma-Organisationen professionell genug arbeiten, um die Fonds überhaupt zu nützen" , sagt Ioana Enache vom Verein Amare Romentza.

Vergeben werden die Gelder von den nationalen Behörden. Die Roma-Gruppen klagen dabei heftig über die Verwaltung. Teilweise dauere es zehn, zwölf Monate, bis zugesagte Gelder wirklich einträfen - wobei die Regierung eigentlich eine Frist von 45 Tagen garantiert.

Dass die Hürden nicht alle nur administrativer Natur sind, wurde nur indirekt deutlich. Die Bukarester Regierung schickte Vize-Premier Marko Bela zu der als "hochrangig" eingestuften Konferenz einen Vertreter der ungarischen Minderheit. Dieser erklärte, die Roma-Frage sei "ein europäisches Problem" und müsse auf der europäischen Ebene gelöst werden. Auch Präsident Traian Basescu ließ sich vertreten, ebenfalls durch einen Ungarn. Für rumänische Politiker ist das Roma-Thema augenscheinlich zu gefährlich.

Neid und Bevorzugung


Ein Problem sei sicher der "Neid", versuchte ein Moderator immer wieder anzubringen. Weil Rumänien Kompetenzen im Sozialbereich auf die kommunale Ebene verlagert hat, stehen die Ansprüche von Roma und von Rumänen in einem Dorf sichtbar nebeneinander. Wird den Roma geholfen, empfindet die Mehrheitsbevölkerung das als unangebrachte Bevorzugung. So entstehe ein "Teufelskreis aus Armut und Diskriminierung" , sagte Mark David von der Roma-Bürgerallianz.

Aus den jüngsten Vertreibungen von Roma aus Frankreich ziehen Regierung und Roma-Vertreter gegensätzliche Schlussfolgerungen. Die Krise ist für die Regierung ein Fingerzeig, dass eben Europa in der Pflicht sei, die Roma-Vertreter warfen hingegen der Regierung vor, sie setze sich nicht für ihre Staatsbürger ein. Staatssekretär Valentin Mocanu verteidigte die Regierung: Rechtsbeistand könnte Bukarest nur in einem Verfahren leisten, und das hätten die vertriebenen Roma nicht angestrengt. Im Übrigen seien die Beziehungen zu Frankreich wie immer "exzellent", die Roma-Affäre nur ein "funktionales Problem". (Norbert Mappes-Niediek aus Bukarest/DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2010)