Glasbläser Josef Dania ist einer der Letzten seiner Zunft. In der kleinen Werkstatt kaufen auch große Pharmakonzerne ein.

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Josef Dania spielt mit dem Feuer. Auf mehr als tausend Grad hat er das Glas in der Drehbank erhitzt, dehnt es, bis es zu einem Lampenschirm wird. Ein Schweizer Kunde habe einige bei ihm bestellt, da sie sonst nirgends mehr zu bekommen seien, erzählt er und rückt die Schutzbrille auf der Nase zurecht.

Einen Tisch neben dem Meister bläst Geselle Christoph Mann Glas zu kaugummigleichen Blasen. Sie fliegen nach Australien zur Ausstellung einer Künstlerin, die die zarten Gebilde geordert hat. In den Regalen warten fertige Messzylinder und Reagenzgläser, eine Glasschlange windet sich durch einen Kühler. Vieles davon sind Spezialanfertigungen für Krankenhäuser. Anderes kauft der Pharmariese Baxter, er ist der größte Kunde.

Gelernt hat Dania bei Stölzle, da war er 15. Heute, fast 40 Jahre später, führt er mit seinem Neffen die Wiener Glastechnische Werkstätte am Gürtel und ist einer der letzten Meister seines Fachs. Nur eine Handvoll an Kollegen gibt es noch, alles Einzelkämpfer, Lehrling gerade einmal einen. Er selber habe für sich alle Für und Wider eines Lehrlings abgewogen. "Die Kosten sind halt sehr hoch, und ich weiß nicht, ob er mir auch bleibt." Da die Arbeit insgesamt weniger geworden sei, werde er es wohl beim Dreimannbetrieb belassen.

Wie lang es seinen Meisterberuf überhaupt noch geben wird, steht in den Büchern der Wirtschaftskammer geschrieben. Viele Kollegen anderer Zünfte bilden bereits seit zehn Jahren nicht mehr aus. Da stelle sich schon die Frage, ob man nicht von der Meisterprüfung absehe und viele ins freie Gewerbe entlasse, sagt Helmut Heindl. Spartengeschäftsführer des Handwerks und Gewerbes. Solche Kandidaten könnten etwa die Edelsteinschleifer sein, die Hohlglasveredler und Schiffbauer. Es sei wenig sinnvoll, mehr als 230 Lehrberufe in der Statistik zu belassen, wenn es für viele in der bisherigen Form keine Lehrplätze mehr gebe.

Absage an die Vielfalt

Abgesehen davon, dass sich 99 Prozent der Jugendlichen nur für 25 interessierten. Für die Hälfte der Mädels kämen überhaupt nur drei infrage, darunter der Job der Friseurin. Aber nur über seine Leiche, sagt Heindl, werde der Instrumentenbau aus den Lehrberufen gestrichen. Das sei im Musikland Österreich durch nichts zu rechtfertigen, auch wenn in der Statistik kaum Lehrlinge aufscheinen.

Geselle Mann könnte dem Wegfall der Meisterprüfung einiges abgewinnen. Mit 3500 Euro sei sie ja ein teures Unterfangen. "Ohne gescheite Ausbildung wird das mit dem Glasblasen ohnehin nix, Prüfung hin oder her", ergänzt Dania. "Bis man ein bisschen was zusammenbringt, braucht es mindestens fünf Jahre, da ist es nicht wie beim Tapezieren." Schwieriger aber sei es mit dem freien Gewerbe, ließen sich Handwerksbetriebe aus dem günstigeren Osteuropa in Österreich nieder. Eine Firma hier, die Produktion im Ausland, mithalten könne er da preislich nicht mehr.

Noch bläst Dania vor allem gegen die internationale Glasindustrie und ihre Massenware an. Für Ausstellungen, die er einst mit seinen zarten Skulpturen bestückte, bleibt nur noch wenig Zeit. Seinen 29-jährigen Neffen treibt weiter die Lust am Experimentieren an, und er hofft auf mehr private Kunden. Acht Stunden Arbeit stecken da drinnen, lacht er und hält einen kleinen Tiger ins Licht. Für seine Tochter zaubere er Schneemänner und Elefanten. Die Finger verbrenne er sich nur noch selten. (Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 15.10.2010)