Gegen den Feldkircher Bürgermeister Wilfried Berchtold wurde Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet. Im idyllischen Städtchen gehen die Emotionen hoch

Feldkirch - Nachdem die Vergewaltigungsanzeige gegen Bürgermeister Wilfried Berchtold (VP) trotz Geheimhaltungsstrategie öffentlich wurde, gehen die Emotionen in Feldkirch hoch. Der Volkszorn entlädt sich in Tratsch und Gerüchten über die Verfasserin der Anzeige, im Rathaus opponiert die Personalvertretung gegen Landeshauptmann Herbert Sausgruber (VP).

"In dieser schweren Zeit"

Thomas Kelterer, Obmann der Personalvertretung: "Sausgruber hat Berchtold fallengelassen." Kelterer begründet seinen Vorwurf mit Sausgrubers Aussage, die Vorwürfe würden die Partei belasten und die Rückkehr ins Amt sei nicht sicher. Per Mail forderte Kelterer gemeinsam mit Stadtamtsdirektor und Personalchef Christian Suitner die 430 Stadtbediensteten auf, "dem Bürgermeister in dieser schweren Zeit den Rücken zu stärken" und die Solidaritätserklärung zu unterschreiben. Aufgelegt wurde sie in der Jugendservicestelle. "Weil eine der Mitinitiatorinnen aus dem Jugendbereich kommt" (Kelterer). "Weil die Stelle direkt neben dem Rathaus ist" (Suitner). Öffentlich hätte die ganze Sache ja nicht werden sollen, beteuern die Unterschriftensammler: "Wir hätten den Brief an den Bürgermeister geschickt und in Kopie an den Landeshauptmann."

Druck auf Mitarbeiter

Beschwerdeanrufe und -Mails alarmierten die Opposition. Mitarbeiter empfanden die Aktion als Nötigung und Druck von oben. Am Dienstagabend wurde das Schreiben dann Thema in der Stadtvertretung. Kelterer: "Das hat mich schockiert, da geht es ja um nichts Politisches, nur um Hilfe für den Bürgermeister."

Ganz anders sieht das FP-Stadtvertreter Mathias Bitschnau: "Wenn eine Mail vom Stadtamtsdirektor kommt, droht Gefahr, dass Mitarbeiter unter Druck gesetzt werden." Niemand habe Druck ausgeübt, sagte Suitner zum Standard, und: "Die Aktion wurde nach interner Kritik bereits am Montag abgebrochen." Davon war aber am Dienstag in der Stadtvertretung noch nicht die Rede, sagt Stadträtin Marlene Thalhammer (Grüne): "Ich hab' ja am Nachmittag noch Beschwerden bekommen."

Die Causa wird die Feldkircher noch länger beschäftigen. Die Ermittlungen würden noch "einige Wochen" dauern, sagt Staatsanwalt Heinz Rusch. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 14.10.2010)