Die türkische Provinz Yozgat liegt in Zentralanatolien, hat 500.000 Einwohner, lebt hauptsächlich vom Weizenanbau. Die Bildungssituation hat sich stark verbessert - von niedrigem Niveau aus. Noch 1970 waren 40 Prozent der Männer und 70 (!) Prozent der Frauen von Yozgat Analphabeten. Heute dürfte sich das den gesamttürkischen Werten (aus dem Jahr 2000) von sechs Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen angeglichen haben.

Für die Migrationsdebatte hierzulande hat das insoferne Relevanz, als ein Großteil der ersten Zuwanderer-Generation nach Wien aus dieser einen Provinz Yozgat stammt. Der Türkei-Korrespondent des Standard, Markus Bernath, hat in einer Reportage beschrieben, wie viele Gastarbeiter der ersten Generation inzwischen nach Yozgat zurückgekehrt sind - durchaus erfolgreich. Junge Männer gehen heute kaum mehr aus Yozgat zum Arbeiten nach Wien - aber die, die schon da sind, holen ihre Bräute noch immer von dort.

Ohne in eine Verächtlichmachung Fekter'scher Art zu verfallen, kann man sagen, dass hier eines der Probleme liegt. Wenn ein Großteil der Wiener Türken aus einer ziemlich armen, rückständigen Gegend mit sehr traditioneller Lebensweise in eine Großstadt kommt, dann ergibt das Konfliktstoff aller Art.

Und eine unbequeme Wahrheit: Bildung und die Einstellung zur Bildung wird vererbt. Integrationsprozesse brauchen Zeit - und viel mehr Initiative als bisher. (rau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.10.2010)