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Die drei Preisträger des Jahres 2010: Peter A. Diamond, Dale T. Mortensen  und Christopher A. Pissarides (v.l.).

Fotos: APA/EPA

Stockholm/Wien - Nicht erst seit der Wirtschaftskrise ist die Arbeitslosigkeit an die Spitze der am dringendsten zu lösenden Probleme gerückt. Dem trägt nun die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften Rechnung. Sie hat den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2010 drei Ökonomen zuerkannt, die Gesetzmäßigkeiten erforscht haben, wie Regulierung den Arbeitsmarkt beeinflusst: den US-Amerikanern Peter Diamond (70) und Dale Mortensen (71) sowie dem auf Zypern geborenen Briten Christopher Pissarides (62).

Effiziente Vermittlung

Während Diamond eher für grundlegende Thesen auf dem Gebiet der Arbeitsökonomie bekannt wurde, haben Pissarides und Mortensen ein Modell entwickelt, mit dem das Phänomen von Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Verfügbarkeit von Stellen erklärt und behandelt wird. Damit könne etwa die Vermittlungstätigkeit effizienter gestaltet werden, sagte Christian Haefke vom Institut für Höhere Studien dem Standard. Haefke hält zu dem Thema gerade eine Vorlesung an der Uni Wien.

In der klassischen Gleichgewichtstheorie mussten bei Unterbeschäftigung die Löhne so lange gesenkt werden, bis der Arbeitsmarkt ins Lot kam. "Das ist natürlich unbefriedigend", sagte Haefke. Das sogenannte Search-Matching-Modell von Pissarides und Mortensen berücksichtigt jene Faktoren, die ausschlaggebend dafür sind, wie intensiv Stellen gesucht und angeboten werden.

Institutionen wie etwa die Arbeitslosenversicherung, Mindestlohnbestimmungen oder die aktive Arbeitsvermittlung spielten hier eine wesentliche Rolle. Werde beispielsweise die Bezugsdauer oder das Leistungsniveau der Arbeitslosenunterstützung gekürzt, nehme die durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit ab, weil die Betroffenen vor Ablauf der staatlichen Leistungen ihre Suchanstrengungen verstärkten und ihre Ansprüche bei der Stellenwahl zurückschraubten. Gleichzeitig könnten Firmen in diesem Fall ihre offenen Stellen schneller besetzen, sodass die Kosten für einen vakanten Arbeitsplatz abnähmen und mehr Stellen ausgeschrieben würden.

Vermittlungstätigkeit intensivieren

Haefke leitet aus den Erkenntnissen ab, dass die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter in Zeiten mit steigender Zahl an Jobsuchenden intensiviert werden sollte, um den Prozess zu verbessern. Darüber hinaus wird das Modell der neuen Nobelpreisträger auch in anderen Bereichen mit Matching-Problemen wie dem Immobilien- oder Geldmarkt angewandt. Auch die Ökonomen der Europäischen Zentralbank lassen nach Angaben von Haefke das Pissarides-Mortensen-Modell in ihre Untersuchungen einfließen.

Die drei ausgezeichneten Ökonomen sind an verschiedenen Institutionen tätig. Diamond arbeitet am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston und ist von US-Präsident Barack Obama als Mitglied der Notenbank Federal Reserve vorgeschlagen worden. Allerdings bestätigte der Senat die Nominierung nicht mehr, bevor der Kongress im Sommer in Parlamentspause ging. Mortensen ist Professor an der Northwestern University in Evanston im Bundesstaat Illinois, Pissarides lehrt und forscht an der London School of Economics.

Der Wirtschaftsnobelpreis wird erst seit 1969 verliehen. Er wurde von der schwedischen Notenbank gestiftet, um der wachsenden Bedeutung wirtschaftlicher Fragen Rechnung zu tragen. Der Preis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (1,07 Millionen Euro) dotiert. Die Preisverleihung findet am 10. Dezember in der schwedischen Hauptstadt Stockholm statt. (as, stro, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.10.2010)