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Vassilakou und Marek wollen beide mit Häupl regieren.

Foto: Standard/Cremer und REUTERS/Heinz-Peter Bader

Die Parteianhänger im SPÖ-Festzelt jubeln, wenn es um Rot-Grün geht.

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Aktion der Sozialistischen Jugend vor dem Wiener Rathaus.

Foto: sj

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Grafik: APA

Bereits im SPÖ-Zelt vor der Parteizentrale hat sich am Wahlabend abgezeichnet, welche Koalition die Basis sich von ihrem Bürgermeister Michael Häupl wünschen würde. War bei den Fernseh-Übertragungen von einer rot-grünen Koalition die Rede, wurde applaudiert und gejohlt. Häupl ziert sich jedoch. "Wer besser zusammenarbeitet wird unser Partner", war das einzige, was er zu diesem Thema verlautbaren ließ. Politische Beobachter meinen, dass er sich eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht "antun" will und lieber die ÖVP zum Juniorpartner macht.

ÖVP als "neoliberale Klientelpartei" für SJ ungeeignet

Die rote Jugend hat sich bereits eingeschaltet. "Keine SPÖ-Koalition mit der ÖVP!", titelt die Sozialistische Jungend (SJ) in einer Aussendung. "Mit einer neoliberalen Klientelpartei wie der ÖVP ist keine Stadt zu machen", sagt SJ-Vorsitzender Wolfgang Moitzi. Er sieht in den Grünen den besseren Regierungspartner. Bei Themen wie der Neuen Mittelschule oder Armutsbekämpfung hätten Sozialdemokraten und Volkspartei nichts gemein.

Heute Nachmittag traf sich die SPÖ zum "Wiener Ausschuss", der traditionell am Tag nach der Wahl zusammenkommt. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat abgestritten, dass dabei auch mögliche Koalitionspartner ein Thema waren. Viele Mandatare der SPÖ wollten sich vor der Sitzung noch nicht offen positionieren. So sagt etwa Jugendkoordinator Peko Baxant zu derStandard.at: "Ich bitte um Verständnis, ich habe eine eindeutige Meinung dazu", aber zuerst müsse man intern eine einheitliche Linie finden, bevor man mit Äußerungen an die Öffentlichkeit geht. Für eine rotgrüne Koalition hat sich nach der Sitzung Stefan Schennach ausgesprochen. Er ist er kurz vor der Wahl von den Grünen zu den Sozialdemokraten übergelaufen.

Erste Mobilisierungsversuche auf Facebook

Fest steht für Baxant jedefalls, dass er mit der Linie der ÖVP nicht einverstanden ist, "wo die Innenministerin zwei Kinder abschiebt", wie er selbst sagt.

Die rote SchülerInnenvertretung und der Verband sozialistischer StudentInnen fordern gemeinsam in einer Aussendung eine rot-grüne Koalition. Auf Facebook und Twitter wird ebenfalls Stimmung gemacht. Noch gestern Abend wurde die Gruppe "Rot-Grün für Wien! Alles andere ist Schwachsinn" gegründet. Montagvormittag hatte sie bereits über 700 Mitglieder, Dienstagfrüh ist die Anzahl auf über 3.600 gestiegen. Auf der Pinnwand wurde bereits die Aussendung der roten Jugend gepostet, was darauf schließen lässt, dass die Sozialistische Jugend diese Gruppe gegründet hat. Schon etwas länger gibt es eine Gruppe von den Grünen: "Ja, ich will: Rot-Grün für Wien!", sie hat derzeit rund 1200 Fans.

Jusos erhöhen Druck für Rot-Grün

"Wir wollen und werden alles tun damit das mehrheitsfähig wird", sagte Stefan Jagsch, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend in Wien, im STANDARD. Die Volkspartei stehe für "Sozialabbau" und dafür, Kinder abzuschieben, legte er am Dienstag im Ö1-Morgenjournal nach. Auch in Bildungsfragen sehe er nur rückschrittliche Antworten. "Die einzige Möglichkeit, soziale Politik weiter zu betreiben, ist eine Koalition mit den Grünen", folgert er. Mit der Ökopartei sehe er "viele Schnittmengen, mit der ÖVP im Grunde keine".

Zur Stimmung in der SPÖ gefragt, sagt der Jungsozialist, es gebe gegenüber den zwei möglichen Koalitionspartnern ÖVP und Grünen eine aufgeschlossene Stimmung. Er respektiere natürlich, dass Häupl mit beiden reden wolle. In Hinblick auf das Wahlergebnis stellt er aber fest, dass insbesondere junge Wähler klar für eine rot-grüne Koalition seien.

Die Grünen wollten schon vor der Wahl in die Landesregierung. Von Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou über ihre Parteichefin Eva Glawischnig bis zu Van der Bellen, der gerne Stadtrat werden würde, wünschen sich dort alle eine Koalition mit den Roten. Obwohl die Grünen am Wahlsonntag Stimmen eingebüßt haben, sehen sie gute Chancen für Rot-Grün, weil auch die ÖVP, die ebenfalls in eine Koalition mit den Roten drängt, deutlich an Stimmen verloren hat.

München als internationales Vorbild

Als internationales Vorbild wird von den Grünen das Beispiel München genannt. Seit 1993 wird München von Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) regiert. Schon seit 1990 gibt es eine grüne Regierungsbeteiligung, seit 1996 eine Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Rosa Liste.

So sagte der Grün-Politiker Alexander Van der Bellen am Wahlabend, dass sich Wien ein Beispiel an der Bayrischen Landeshauptstadt nehmen könnte. Beim Wahlkampfabschluss der SPÖ war der Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude zu Gast in Wien. Ein Indiz dafür, dass die Chancen für Rot-Grün gar nicht schlecht stehen, so Van der Bellen: "Ude wird Häupl sicher gesagt haben, wie gut das funktioniert." 

Umfrage: Mehrheit für Rot-Schwarz

Bei einer Umfrage des SORA-Institutes wurde die Koalitionspräferenz der Wienerinnen und Wiener abgefragt. 28 Prozent der Befragten sprachen sich für eine rot-grüne Regierung in Wien aus. Die Mehrheit (34 Prozent) ist aber für eine Koalition mit der Volkspartei, 19 Prozent wollen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ. Anders sieht es jedoch bei den Wählern der SPÖ aus: 43 Prozent der Befragten sind für eine Koalition mit den Grünen, 40 Prozent für eine Zusammenarbeit mit der ÖVP.

Keine Häupl-Rücktrittsdebatte bei SPÖ-Sitzungsreigen

Der Bürgermeister-Sessel wird SPÖ-intern jedenfalls nicht in Frage gestellt. Andrea Kuntzl, rote Wissenschaftssprecherin im Nationalrat, sagte nach dem Sitzungsmarathon der Sozialdemokraten am Montagnachmittag: "Es hat keine Rücktrittsdebatte um den Bürgermeister gegeben - ganz und gar nicht." Schließlich habe Häupl wesentlich dazu beigetragen, dass so viele Menschen die SPÖ gewählt hätten.

Man sei in den Gremien zur Übereinstimmung gekommen, sowohl mit der ÖVP als auch mit den Grünen ergebnisoffene Gespräche zu führen. "Die SPÖ Wien steht zu 100 Prozent hinter dieser Entscheidung", versicherte Kuntzl. Es gebe noch keinerlei Koalitionspräferenzen. Man werde auch mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Gespräche führen darüber, "was er sich vorstellt", aber auch Kuntzl schloss Regierungsverhandlungen aus. (Lisa Aigner und Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 11.10.2010)