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Frankfurt/Washington/Wien - Die Turbulenzen an den Devisenmärkten nehmen zu. Standen am Mittwoch die politischen Scharmützel beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao im Mittelpunkt, sorgte am Donnerstag ein Absturz des Dollars für Aufregung. Der Greenback sackte auf ein 15-Jahres-Tief zum Yen, zum australischen Dollar auf den niedrigsten Stand seit 27 Jahren und auf ein Rekordtief zum Schweizer Franken.

Gegenüber dem Euro verlief der Kurs der US-Währung in Achterbahn-Form: Erst sackte sie erstmals seit Jänner des Jahres unter den Stand von 1,40 Dollar, erholte sich aber am Nachmittag wieder. Der starke Rutsch wurde von Händlern mit der Position der Europäischen Zentralbank begründet, die im Gegensatz zur US-Fed die Zügel der Geldpolitik anziehen will. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vermied es im Anschluss an den Zinsbeschluss der Währungshüter, weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Den Zinssatz beließ die Zentralbank bei einem Prozent.

Die Turbulenzen verliehen abermals dem Goldkurs Auftrieb. Der Preis der Unze stieg auf bis zu 1364 Dollar. Die größte Beobachtung fand freilich die Entwicklung zum Yen: Der Dollar ist unter das Niveau gefallen, zu dem sich die japanische Notenbank zuletzt zu Interventionen zur Schwächung der Landeswährung genötigt fühlte. Damit steigt die Gefahr, dass Tokio neuerlich am Devisenmarkt einschreiten wird.

Rüge von IWF-Vize

Dafür gab es eine Rüge des stellvertretenden IWF-Chefs Naoyuki Shinohara, der Japan vor erneuten Eingriffen warnte: "Das wird die Märkte verzerren", erklärte er. Noch stärker rüffelte der Internationale Währungsfonds China. Der Chef der Einrichtung, Dominique Strauss-Kahn, sieht in der Unterbewertung des Yuan "die Quelle von Spannungen in der Weltwirtschaft, die dabei sind, zu einer Bedrohung zu werden".

Die USA und die EU-Kommission werfen China vor, den Wechselkurs des Yuan künstlich niedrigzuhalten und sich damit unfaire Vorteile im Außenhandel zu verschaffen. EU-Handelskommissar Karel De Gucht schlug am Donnerstag erneut in diese Kerbe, äußerte zugleich aber Zweifel an einem aggressiven Vorgehen gegen die Volksrepublik. "Die Chinesen werden ihre Währung nicht auf Druck von außen aufwerten", sagte er vor Journalisten.

Genau das hatte Peking am Vorabend klargemacht. Die europäischen Staaten müssten aufhören, "Druck" auf China auszuüben, den Yuan aufzuwerten, so Wen Jiabao am Rande des EU-China-Gipfels in Brüssel. Eine schnelle Aufwertung würde dazu führen, dass viele chinesischen Firmen pleite gehen würden und ihre Arbeiter entlassen müssten, erklärte der Regierungschef. (as, Reuters, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 8.10.2010)