Wien - Wahlkartenfälschung im Burgenland: Er habe bei der Landtagswahl am 30. Mai einige der Wahlkarten gefälscht. Das gab der Bürgermeister von Unterrabnitz (Bezirk Oberpullendorf), Wilhelm Heißenberger (ÖVP), nach einer vierstündigen Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft zu.

"Ich kann bestätigen, dass wir ein Geständnis des Bürgermeisters dieser Gemeinde haben. Es geht um den Fall von 13 Manipulationen von Wahlkarten, teilweise auch mit Unterschriftsfälschung", sagte Friedrich Koenig, Pressesprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft zum ORF Burgenland.

Heißenberger habe die Wahlkarten eigenhändig gefälscht. Gegen ihn wird nun ein Verfahren wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch geführt. Der Strafrahmen betrage dabei sechs Monate bis fünf Jahre, erklärte Koenig.

Insgesamt wurden in Unterrabnitz-Schwendgraben alle 67 Wahlkarten sichergestellt. Die Briefwahl wird dieser Tage immer mehr zum Problemfall. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt seit einiger Zeit, weil der Verdacht bestand, dass Wahlkarten von fremden Personen beantragt und ausgefüllt und dass mit diesen Karten auch gewählt wurde. Weitere Fälschungen soll es in Deutschkreutz und Wiesen geben.

FPÖ und Grüne verlangen nun ein Überprüfen aller im Burgenland ausgegebenen Wahlkarten. Der Chef der burgenländischen FPÖ, Johann Tschürtz, sagte: "Damit verwirklichen sich unsere schlimmsten Befürchtungen. Wie es aussieht, wurde bei der Wahl im Mai im großen Stil manipuliert." Die FPÖ bereitet einen Neuwahlantrag vor; unterstützt werden sie dabei von den Grünen. Beide Parteien wollen jedoch noch das Ergebnis der Untersuchungen abwarten, genauso wie SPÖ und ÖVP. Eine Wahlwiederholung ist nur binnen vier Wochen nach der Wahl möglich - auch wenn sich herausstellt, dass Wahlkarten manipuliert wurden.

Derweilen wittern die Wiener Grünen, nur noch zwei Tage vor der Landtagswahl, in der Hauptstadt einen organisierten Wahlbetrug durch die SPÖ. "Ich bezweifle, dass bei dieser Wahl mit den Briefwahlkarten alles mit rechten Dingen zugeht", sagt Martin Margulies, Landtagsabgeordneter und Gemeinderat der Wiener Grünen.

"Wahlhilfe" für Demente

Die Anstaltsleitung eines Geriatriezentrums, in dem sich seine schwer demente Großmutter befindet, habe für alle Patienten Wahlkarten beantragt - ohne Wissen der Patienten und Angehörigen. Mittlerweile hätten sich andere Betroffene gemeldet. Ein Mann erzählt, dass für seine - schwer demente - Verwandte in der stationären Pflegestation des Otto-Wagner-Spitals ohne sein Wissen ebenfalls eine Wahlkarte beantragt wurde. Es hätten sich auch vier Krankenschwestern gemeldet, die bestätigten, dass es üblich sei, dass Zivildiener, Schwestern oder Ärzte die Karten der Betroffenen ausfüllen. "Wirklich Demente können nicht wählen", sagt Margulies. "Die antworten immer mit Ja. Ich befürchte, dass der SPÖ jedes Mittel Recht ist, um die absolute Mehrheit zu halten."

In Wien werden bei dieser Wahl 150.000 Menschen per Wahlkarte ihre Stimme abgeben. In Geriatriezentren und Bettenstationen leben rund 6000 Menschen, das ergebe "knapp ein Mandat". Die SPÖ weist alle Vorwürfe zurück. „Die Aussagen des grünen Mandatars Margulies sind an Unverfrorenheit nicht zu überbieten." Der "Skandalisierungsversuch" zeige, dass die Grünen nicht davor zurückscheuten, blaue Schmutz-kübelmethoden zu kopieren, ärgerte sich Deutsch. (nik, fib, DER STANDARD-Printausgabe, 8.10.2010)