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Greenpeace fordert von den Eigentümern des Aluminiumwerkes MAL AG die volle Übernahme aller Kosten für die Schadensbeseitigung und Schadenersatzzahlungen an die betroffene Bevölkerung

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Premierminister Viktor Orban besuchte am Donnerstag das Krisengebiet

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Die EU hat Ungarn mittlerweile aufgefordert, alle Schritte zu unternehmen, dass der giftige Schlamm nicht in die Donau gelangt. Experten glauben allerdings, dass der ausgelaufene Schlamm bereits seit Donnerstag früh in der Donau nachweisbar ist

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Rumänien überwacht nach dem Chemieunfall in Ungarn die Wasserqualität der Donau in der südwestrumänischen Region Mehedinti. Der Giftschlamm hat am Donnerstag einen Donau-Seitenarm in Györ erreicht. Einige Stunden zuvor war die rote laugehaltige Substanz bereits aus dem Flüsschen Marcal in den Donau-Nebenfluss Raab gelangt.

Das Wasseramt Mehedinti geht davon aus, dass verseuchtes Donauwasser rumänisches Territorium möglicherweise am Samstagabend erreichen könnte, berichtete die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax am Donnerstag. Bei einer Belastung der Donau infolge der Umweltkatastrophe im ungarischen Kolontar wäre vor allem die Stadt Drobeta Turnu Severin betroffen, die ihr Trinkwasser aus dem Fluss bezieht. Notfalls müsse die Trinkwasserversorgung der 100.000 Einwohner vorübergehend eingestellt werden. Derzeit seien die pH-Werte in der Donau mit 8,4 noch normal. Messungen würden alle drei Stunden vorgenommen.

Erhöhter Laugengehalt in der Donau

Normalerweise liege der Wert bei 8, erklärte ein Vertreter der Wasserbehörde. Das Ökosystem des zweitlängsten Flusses Europas sei aber bei einem Anstieg der Werte gefährdet. Wie die ungarische Nachrichtenagentur MTI berichtete, erreichte der Giftschlamm die Raab bereits am Donnerstag um 3.00 Uhr.

Premierminister will neue Siedlung bauen

In den Morgenstunden besuchte auch Premierminister Viktor Orban das Krisengebiet. Nach Angaben eines Sprechers des Aufräumteams sei der pH-Wert des Giftschlamms bereits unter zehn gefallen, ein Wert bei dem das ausgetretene Material keine Umweltschäden mehr anrichten könne. Orban betonte, er sehe keinen Sinn, die besonders zerstörten Teile der Ortschaft Kolontar wieder aufzubauen. Vielmehr sollte stattdessen eine neue Siedlung entstehen. Ähnlich sehen das offenbar auch die Einwohner der verseuchten Dörfer. Laut Andreas Beckmann vom Donau-Karpaten-Büro des WWF habe es in Kolontar eine Bürgerversammlung gegeben, bei der mehr als 90 Prozent der Bevölkerung für eine Absiedlung plädierte.

Endzeitstimmung in den Dörfern

In den Dörfern rund um das Aluminiumwerk herrsche Endzeitstimmung. Beckmann: "Von Normalisierung kann keine Rede sein. Die Einwohner von Kolontar wollen nur noch weg." Dies sei umso verständlicher wenn man bedenke, dass sich durch viele Häuser eine rote Schlammmasse gewälzt hat, die die Anwesen für lange Zeit verwüstet und unbewohnbar gemacht habe.

Das Ökosystem des Flusses Marcal sei komplett zerstört, überall seien tote Tiere zu sehen, so Beckmann. Es seien Tonnen an Dünger in das Gewässer gekippt worden, um die ätzende Lauge zu binden. "Man weiß bis jetzt nicht, wie das alles miteinander reagiert. Es sei möglich, dass die Schwermetalle wieder freigesetzt werden." Für die Donau sieht der WWF-Mitarbeiter allerdings "keine besondere Gefahr".

Zweites Becken des Aluminiumwerkes ebenfalls instabil

In der Zwischenzeit soll ein weiteres Becken der Aluminiumfabrik MAL AG mit giftigem Inhalt instabil geworden sein. "Reservoir 9, das neben dem geborstenen Reservoir 10 liegt und ähnlich giftige Stoffe enthält, ist ebenfalls geschwächt. Die Behörden versuchen nun, auch den Inhalt dieses Beckens zu neutralisieren und kontrolliert zu entleeren", so Beckmann.

Sammelklage

Wie das Ö1-Morgenjournal berichtete wollen die vom Giftschlamm betroffenen Bewohner eine Sammelklage gegen die Betreiber des Bauxit-Werkes einbringen.  Mindestens drei Dörfer sind durch den roten Giftschlamm unbewohnbar geworden. Vielen Familien wurde durch die Verseuchung des Gebiets die komplette Lebensgrundlage entzogen.

MAL AG will nur 110.000 Euro Entschädigung zahlen

Greenpeace fordert von den Eigentümern des Aluminiumwerkes MAL AG die volle Übernahme aller Kosten für die Schadensbeseitigung und Schadenersatzzahlungen an die betroffene Bevölkerung . "Die Ankündigung der Firma MAL, den Menschen eine Entschädigung von lediglich 110.000 Euro zu zahlen, ist nicht nur inakzeptabel, sondern angesichts der Todesfälle, der Verletzten und der Schäden vor Ort hochgradig zynisch", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung.

Hauptaktionäre zählen zu den dreißig reichsten Ungarn

Die beiden Hauptaktionäre zählen nach Angaben der Umweltschutzorganisation "zu den dreißig reichsten Ungarn und besitzen gemeinsam ein Vermögen von 39,5 Milliarden Forint, umgerechnet ergibt das 145 Millionen Euro", erklärte Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster.

Lückenlose Aufklärung gefordert

Greenpeace fordert zudem sowohl von der Aluminium-Firma als auch von den ungarischen Behörden volle Transparenz sowie die lückenlose Aufklärung der Giftschlamm-Katastrophe. "Angesichts der Tragödie wäre es mehr als angebracht, wenn die beiden Eigentümer die seit fünfzehn Jahren angesammelten Gewinne aus ihren Aluminium-Geschäften den Opfern des Unfalls zur Verfügung stellen", forderte Schuster.

Erste Probe-Ergebnisse für Freitag erwartet

Weiter unklar bleibt, wie giftig und gefährlich der Rotschlamm für Menschen, Tiere und Umwelt ist. Greenpeace habe bereits am Dienstag Proben gezogen und erwartet erste Labor-Ergebnisse für Freitag. (APA,red, derStandard.at)