Pulp Fiction lässt grüßen. Der "Active Water Eco²" strahlt nicht nur geheimnisvoll blau, sondern errechnet die optimale Wassermenge und trocknet ohne zusätzlichen Stromverbrauch mit Zeolith.

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Schöne neue Welt mit Roboterhündchen: Die "I-Dos"erkennt die Wäschemenge in der Trommel, den Grad der Verschmutzung und die Art des Gewebes.

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Die "FlexInduction-Zone" von Neff identifiziert automatisch Größe und Position der Töpfe und Pfannen und erhitzt sie exakt an der Stelle, wo sie stehen.

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"Lanz kocht" im August. Alfons Schubecks Redefluss wird jäh unterbrochen. Der Dampfgarer meldet sich zu Wort, befiehlt ihm, den Braten aus dem Rohr zu holen. "Ein sprechender Dampfgarer, das geht Ihnen über kurz oder lang auf die Nerven. Zuerst ist das vielleicht lustig, aber nach einiger Zeit überhaupt nicht mehr", ist sich Romi Brandel nach mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Hausgeräte-Branche sicher. Die Presseabteilungsleiterin der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Österreich - erklärt: "Ein sprechendes Haushaltsgerät, bedeutet nichts anderes, als sich sprechend durch ein Programm führen zu lassen" und verweist auf die selbst erklärenden Funktionen einer neuen, qualitativ höherwertigen Haushaltsgeräte-Generation, bei welchen die akustischen Signale wegschaltbar und die Lautstärke regelbar seien.

"Intelligente" Haushaltsgeräte

Brandel auf die Frage, ob sprechende Geräte nerven: "Ich glaube, sprechende Geräte sind nicht das, was die Leute wollen. Auch wenn meine Waschmaschine 'stopp' sagen würde, wenn sie zu voll ist, stopfe ich rein was geht. Und wenn ich sie für sechs in der Früh programmiere, sie piept und ich will noch schlafen, dann bin ich sauer." Als "intelligent" bezeichnet Brandel Haushaltsgeräte, die das tägliche Leben erleichtern, Zeit sparen helfen und einen Beitrag zur Erhaltung der Umwelt liefern. So erkennt etwa die Siemens-Waschmaschine "I-Dos", wie viel Wäsche in der Trommel ist, wie hoch der Grad der Verschmutzung ist und um welches Gewebe es sich handelt. Anhand dieser Informationen dosiert sie eigenständig das Waschmittel. Bis zu 7.500 Liter Wasser pro Jahr können damit eingespart werden.

Der Bosch-Geschirrspüler "Active Water Eco²" agiert gar doppelstrategisch. Einerseits schickt er das Wasser durch einen sogenannten "Aqua Sensor": Eine Lichtschranke erkennt den Verschmutzungsgrad des Wassers und errechnet so den optimalen Wasserverbrauch. Andererseits kommt das Silikatmineral Zeolith im Trocknungsprozess als Wasser- und Wärmespeicher zum Zug. Nach dem Spülvorgang zieht es die Feuchtigkeit an und gibt Wärme ab, ohne dabei Strom zu verbrauchen. Das Ergebnis ist ein Wasserverbrauch von sieben Litern im Normprogramm und ein Stromverbrauch von 0,73 kWh. Womit das Gerät ganze 30 Prozent unter dem Grenzwert der Energieeffizienzklasse A liegt.

"Smart Metering" und RFID

Intelligente Technologien und sinkender Energieverbrauch gehen Hand in Hand. So kann eine Waschmaschine im Hinblick auf die Nutzung der günstigsten Stromphase programmiert werden. "Ein selbst erkennendes Gerät, das sich in der günstigsten Phase automatisch einschaltet, ist aber noch nicht möglich, da der Strom je nach Region zu verschiedenen Zeiten zu verschiedenen Preisen angeboten wird", weiß Brandel.

Das könnte mit der flächendeckenden Einführung von "Smart Metering"-Stromzählern in Kombination mit Radio Frequency Identification (RFID)- Realität werden. "Smart Metering" bedeutet, dass der analoge Stromzähler durch einen digitalen ersetzt wird, der im Sekundentakt den Stromverbrauch jedes Haushaltes ablesen und melden kann. Laut e-control befinden sich derzeit bereits an die 40.000 vollständig auf Halbleitertechnologien basierende Smart Meter im österreichischen Verteilernetz.

Transparenz versus Privatsphäre

Radio Frequency Identification (RFID) bezeichnet die berührungslose Datenübertragung mit Hilfe eines in Gegenständen eingebauten Chips, die die automatische Identifizierung und Lokalisierung von Gegenständen ermöglicht und damit die Erfassung und Speicherung von Daten erleichtert. Wo Befürworter mit der Transparenz für den Endverbraucher über den tatsächlichen Energieverbrauch und der Möglichkeit für flexiblere Tarifmodelle argumentieren, ruft Walter Peissl, stellvertretender Direktor am Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA), Schwerpunkt Datenschutz, zu Bewusstseinsbildung auf: "Wir haben ein Privacy-Problem. Sobald ein Haushaltsgerät mit Radio Frequency Identification (RFID) ausgestattet ist, interagiert es mit dem digitalen Stromzähler und übermittelt die Daten an den Energieversorger."

"Daumenabdruck" des Stromverbrauchs

"Haushaltsgeräte, die mit RFID kommunizieren, sind derzeit noch nicht konkret realisiert, aber jedes Unternehmen, das in einem entsprechenden Bereich tätig ist, hat so etwas in Entwicklung", berichtet Peissl. "Jeder, der weiß, wie viel Strom ich im Sekundentakt verbrauche, kann nach der Struktur des Stromverbrauchs herauslesen, was ich gerade tue. Es existiert so etwas wie ein 'Daumenabdruck‘ nach dem die Art und Weise des Verbrauchs und damit das jeweilige Gerät bestimmt werden kann. Die Frage ist: Wie weit wollen wir uns entmündigen lassen?"

"Das größte Tor ist die Bequemlichkeit"

Der Kühlschrank erkennt, ob genug Milch da ist und ordert diese im Supermarkt. Bezahlt wird per automatischer Abbuchung. Klingt praktisch, doch Peissl gibt zu bedenken: "Das größte Tor für diese Technologien ist die Bequemlichkeit. Dafür geben wir unsere Privatsphäre auf." Wenn die ganze Kette vom Energieversorger über das Haushaltsgerät und das Produkt im Kühlschrank bis zum Endzähler digitalisiert und vernetzt sei, bestehe die Möglichkeit für einen Durchgriff.

Die Konsequenzen könnten laut Peissl so weit reichen, dass wer knapp bei Kasse sei, womöglich nur noch zu bestimmten Zeiten waschen dürfe. Dem Datenschutzexperten geht es weniger die Vision aus Orwells Big Brother, als um jene aus Huxleys Brave New World: Gleichschaltung. Der intelligente Umgang mit Technologien unter Berücksichtigung der sozialen Umstände steht im Zentrum der Tätigkeit des Instituts für Technikfolgenabschätzung. Peissls Vision: "Wenn die Bürger wissen, worauf sie sich einlassen, können sie eine bewusste Entscheidung treffen."

Das Denken den Geräten überlassen

Die Zukunft am Hausgerätesektor sieht Romi Brandel von BSH "eindeutig in einer Ressourcenschonung auf drei Ebenen: Wie kann ich umweltgerechter produzieren, verwenden und entsorgen." Da intelligente Haushaltsgeräte darüber hinaus - so Brandel - "auch noch Spaß machen, weil die Ergebnisse besser sind", spricht bis zur flächendeckenden Einführung von RFID nicht viel gegen die Anschaffung eines sprechenden Dampfgarers. Wegschaltbarkeit und reflektierendes Bewusstsein vorausgesetzt. Denn auf die Frage, ob wir durch Geräte, die für uns denken, das Denken verlernen, kontert Peissl mit einer Gegenfrage: "Sagen Sie mir schnell die Telefonnummer Ihrer Eltern?" (tin, derStandard.at, 06.10.2010)