Die Moschee, das kleine gelbe Haus ohne Minarett, bei der Ankunft in Inuvik. Das Gebäude wäre bei seinem Transport über Land- und Wasserwege beinahe einmal in einen Fluss gekippt.

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Sie ist ein Geschenk, das in Winnipeg errichtet und dann im Ganzen 4000 Kilometer weit ins Inuit-Dorf gebracht wurde.

Inuvik/Vancouver – Eine katholische Kirche in Iglu-Form ist das Wahrzeichen der arktischen Siedlung Inuvik. Dieser Tage stiehlt ihr eine kleine gelbe Moschee die Show, die den Muslimen in diesem kanadischen Inuit-Dorf geschenkt wurde. "Es ist die erste Moschee der Welt auf Permafrost-Boden", sagt der Geschäftsmann Abdalla Mohamed, einer der rund 100 Muslime, die sich 200 Kilometer nördlich des Polarkreises niedergelassen haben. Dort leben sie einträchtig mit 3700 Inuit, Weißen, Indianern und Immigranten aller Art zusammen.

"Moschee am Nordpol"

Inuviks Moschee ist die nördlichste auf dem amerikanischen Kontinent. In der arabischen Welt wird sie bereits die Moschee am Nordpol genannt. Dorthin musste sie auf Asphalt und Wasser 4000 Kilometer weit transportiert werden. Bislang trafen sich die Gläubigen zum Gebet in einer mobilen Wohnbaracke, die aber zu klein geworden war.

"Da wir uns keine Moschee leisten konnten, suchten wir die Unterstützung einer wohltätigen Organisation", erzählt Mohamed, der, der in Inuvik einen Ambulanzdienst und eine Taxi-Firma besitzt. Die Zubaidah-Tallab-Stiftung in der kanadischen Stadt Winnipeg beschloss zu helfen.

Die Stiftung entschied, die Moschee in Winnipeg zu bauen und dann per Lkw und Frachtkahn nach Inuvik zu transportieren. Das sparte 150.000 Euro, denn in Inuvik, das sieben Monate im Jahr eingefroren ist, sind Lohnkosten und eingeflogenes Baumaterial enorm teuer. Die neun Meter breite Last konnte nur in der Früh zwei Stunden auf Autobahnen transportiert werden. Der Lastzug musste oft auf Nebenstraßen ausweichen.

Die Odyssee von der Provinz Manitoba über Alberta nach Hay River in den Northwest Territories wurde in Kanada atemlos verfolgt. Einmal fiel die Moschee beinahe in einen Fluss, als die Last auf dem Truck wegen einer engen Brücke verschoben werden musste. Um ein Haar hätte der Transport auch den letzten Lastkahn auf dem Mackenzie River, Kanadas längstem Strom, verpasst. Aber ein Sturm verzögerte die Abfahrt um zwei Tage.

23 Tage lange Reise

Sonst hätte die Moschee erst im kommenden Juni wieder die 1800 Kilometer auf dem Strom machen können. Nach einer Reise von 23 Tagen steht die Moschee nun in einem neuen Viertel von Inuvik auf Holzblöcken. Das Minarett muss noch aufgerichtet und Strom und Wasser angeschlossen werden. Anfang November wird das Gebetshaus eingeweiht.

In Inuvik gab es nie Streit um den Standort der Moschee. "Wir haben uns immer willkommen gefühlt", sagt Mohamed, der seit 1991 dort lebt und aus dem Sudan stammt. Muslime aus arabischen Ländern arbeiten in Inuvik als Architekten, Ingenieure oder Taxler.

"Es ist einfach eine kalte statt einer heißen Wüste und es gibt Schnee- statt Sandstürme", sagt Mohamed. Während sich Muslime früher eher in Kanadas Städten niederließen, ziehen sie heute zunehmend in Dörfer, wo der Rohstoffboom ein gutes Einkommen verspricht. Laut Statistik wächst die muslimische Bevölkerung der Northwest Territories alle zehn Jahre um 300 Prozent. (Bernadette Calonego/DER STANDARD-Printausgabe, 5.10.2010)