Lässt der Alkohol das Testgerät ausschlagen, ist seit September 2009 ein Verkehrscoaching vorgeschrieben. Über dessen Sinn wird nun debattiert - auch aus ökonomischen Gründen.

Foto: BMI/Alexander Tuma

Wien - Können härtere Strafen und Aufklärungskampagnen das Fluchtachterl vor der Heimfahrt vom Wirt verhindern? Nein, sagen österreichische Verkehrspsychologen. Aber sicher, kontern Verkehrsministerium und Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV). Bei der Auseinandersetzung geht es auch um Geld.

Zur Erinnerung: Wer mit 0,8 bis 1,19 Promille unterwegs ist, muss seit 1. September 2009 zu einem Verkehrs-Coaching, wenn er oder sie zum ersten Mal erwischt wird. Das wird vor allem von Rettungsorganisationen durchgeführt, wobei den Sanitätern Psychologen zur Seite stehen. Schwer Berauschte und Wiederholungstäter müssen dagegen weiter zur Nachschulung, die von Verkehrspsychologischen Instituten abgehalten werden. Die neu erwachsene Konkurrenz ist diesen aber offenbar ein Dorn im Auge.

Sechs dieser Institute bezweifeln nämlich die Wirksamkeit der Maßnahmen. Zwischen September 2009 und Jänner 2010 sei die Zahl der Alkounfälle sogar weniger stark gesunken als im Vergleichszeitraum ein Jahr zuvor. Und vergleicht man den Zeitraum Jänner 2009 bis Mai 2010 mit jenem von 2008 bis 2009 zeige sich, dass der Anteil von Alkounfällen mit Personenschäden im Verhältnis zu allen Unfällen praktisch gleich geblieben sei.

Schlussfolgerung

Die Schlussfolgerung von Gregor Bartl vom Institut alles-führerschein.at: Die neuen Regelungen tragen nicht wirklich zur Hebung der Verkehrssicherheit bei. Auch eine drei Millionen teure Werbekampagne des Verkehrsministeriums sei wirkungslos: Nur 32 von 644 anonym befragten Alkolenkern sagte, Öffentlichkeitsarbeit würde gegen Alkohol am Steuer helfen. Die Zielgruppe sei also immun gegen Plakate und Co.

Im Verkehrsministerium sieht man das grundsätzlich anders. "Im Vergleichszeitraum September bis Jänner begannen die Maßnahmen langsam anzulaufen. Die Zahl der Coachings stieg erst ab Jänner 2010 deutlich an", sagt Susanna Enk, Sprecherin von Ministerin Doris Bures (SPÖ).

Dass die Gesamtzahl der Unfälle im ersten Halbjahr 2010 um acht Prozent zurückging, das Minus bei den Alkounfällen mit neun Prozent nicht viel höher lag, bestreitet wiederum Armin Kaltenegger vom KfV nicht. Allerdings: "Ohne neue Maßnahmen wäre der Rückgang nicht so stark ausgefallen." Und die Zahl der Verletzten und Getöteten sei bei Alkounfällen viel stärker gesunken als die Gesamtzahl. Präsent müsse man das Thema aber halten: Denn nach der Einführung des Punkteführerscheins gab es im Jahr 2006 zwar um sechs Prozent weniger Alkounfälle. Im Jahr 2007 waren es dann aber gleich wieder um sechs Prozent mehr. (Michael Möseneder/DER STANDARD-Printausgabe, 5.10.2010)

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