Gegen Mobbing im Büro muss man sich wehren. Vor allem, wenn man ein Radfahrer ist, also ohnedies zu einer im gefährdeten Spezies gehört, zumindest im Stadtverkehr.

Kollege Andreas weiß, wie man Menschen kränkt. "Jö, wem gehört denn dieses Kinderfahrrad?", rief er aus, als er unser Zimmer betrat. Kollege Gerald, auch so ein feinfühliger Menschenfreund, fühlte sich bemüßigt: "Ah geh, das ist doch kein Kinderfahrrad. Das ist ein Frauenfahrrad."

Bruhaha.

Tatsächlich handelte es sich um mein Fahrrad. Und es ist ein Herrenfahrrad. Wenn nicht gar ein Männerfahrrad.

Zugegeben, es ist nicht so ganz auf der sportlichen Seite, es ist eben ein Stadtfahrrad, ein sogenanntes Citybike. Also mehr elegant als brachial, mehr zierlich als Mountain. Und die Farbe, sie geht ins Türkis, vielleicht mit einem Hauch Minze, wenn Sie verstehen, was ich meine. Klassisch. Italienisch.

Im Stiegenhaus, durch das ich wenig später mein Bike trug, traf ich den Kollegen Sigi, den männlichsten Mann unter den Männern in der männlichen SPORTredaktion. Mehr Kerl als Mann, der Sigi. Der Sigi jedenfalls rief entzückt aus: "Oh, was für ein schönes Fahrrad! Und was für eine schöne Farbe! Das ist ganz klassisch!"

Wenn sich die Kollegen Andreas und Gerald vom Bru und Haha erholt haben, werde ich ihnen das reiben.

Dennoch arbeitete der Spott in mir - und ich fuhr zu einem berufenen Mann, zu Bernhard Kohl, und erzählte ihm die Geschichte. Wir weinten ein bisschen, dann machten wir uns in seinem schönen, neuen Geschäft in der Triester Straße auf die Suche. Nach einem männlichen Rad.

Mit dickem Rohr und Rahmen. Carbon und Aluminium. Gebürstet. Mehrfach gehärtet. Am besten schwarz und böse. Cube oder Bulls oder Trek soll es heißen und martialisch sein. Wir suchen noch. Und ganz sicher werde ich nicht das rosa Trikot dazu anziehen. (Michael Völker/DER STANDARD/Automobil/01.10.2010)