Rollstuhlfahrerin Doris Fuchs ist die erste Paragolferin Österreichs.

Foto: privat

Paragolfer Dirk Ulmke aus der Schweiz beim Putten.

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Wien - Manchmal ist Doris Fuchs auf fremde Hilfe angewiesen. Wird ein Gehweg etwa von hohen, eckigen Randsteinen begrenzt, kann das für die 44-jährige Niederösterreicherin in ihrem Rollstuhl zu einer unüberwindlichen Hürde werden. Auch die zwei kleinen Stufen zu ihrem Arbeitsplatz in einer Bankfiliale packt sie allein nicht. Dass sie sich deswegen eingeschränkt fühlt, weist Fuchs entschieden zurück. "Ein Handicap habe ich nur beim Golfen. Und das hat jeder andere Golfer auch. "

Ein Autounfall ihres Cousins mit ihr auf dem Beifahrersitz hat Doris Fuchs' Leben vor 28 Jahren verändert. Golf spielen kann sie trotz ihrer Querschnittlähmung. Möglich macht das ein Gerät, das sie für den Golfschlag aufrichtet. Vor vier Jahren hat sie sich den damals 20.000 Euro teuren "Paragolfer" oder auch "Powergolfer" gekauft - als Erste in Österreich. "Ich bin davor 24 Jahre nicht gestanden", erzählt sie. "Mit dem Gerät kann ich wieder stehen, habe ein anderes Blickfeld, andere Perspektiven. Und ich kann mit meinem Mann Gerhard ein Hobby ausüben, das extremen Spaß macht."

Als einzige Österreicherin im Rollstuhl nimmt Doris Fuchs bis Dienstag an der Paragolf-EM in Zell am See teil. Österreichs Team stellt zwölf Aktive, denn neben den Rollstuhlfahrern sind auch Sportler mit verschiedenen körperlichen Behinderungen dabei. Die Kategorien lauten Arm, Bein, Rollstuhl, Blind und Sonstige Behinderungen.

Derzeit gibt es insgesamt nur 22 Paragolfer in Österreich. Der 24-jährige Vorarlberger Markus Hirschbühl, seit einem Unfall ist sein rechter Arm bewegungsunfähig, holte sich bei der EM 2008 im spanischen Castellón die Silbermedaille in seiner Gruppe.

Integrativer Sport

Für das EM-Turnier in Zell am See haben 110 Athleten aus 14 Nationen genannt. Am Sonntag erfolgten die ersten Abschläge, gespielt wird über drei Runden (54 Löcher). Unter den Teilnehmern sind auch Golfer, die ohne weiteres bei den Profis mitspielen könnten. Der unterschenkelamputierte Däne Stefan Morkholt zum Beispiel hat Handicap 2,4. Das bedeutet, dass er eine 72er-Golfrunde im Durchschnitt unter Par spielt, was auch Golfprofis mitunter schwer fällt.

Bei der EM in Zell am See wird auch der soziale Aspekt der Sportart in den Vordergrund gerückt. Weil das Handicap-System nur die Schlagleistung berücksichtigt, können sich Menschen mit und ohne körperliche Behinderung direkt auf dem Golfplatz miteinander messen und gemeinsam eine Runde absolvieren. "Damit ist es fast die einzige Sportart, bei der das möglich ist", sagt EM-Organisator Georg Kronberger. Den Auftakt der EM bildete am vergangenen Freitag deswegen auch ein Integrationsturnier.

Kronberger hofft mit seiner Paragolf-Initiative auf Nachhaltigkeit auf Österreichs Golfplätzen sowie abseits dieser. Einerseits gibt es positive Signale, dass der Sport ab 2016 paralympisch werden könnte, andererseits soll der Para- oder Powergolfer bei Menschen mit Querschnittlähmung als Therapiegerät (bessere Blutzirkulation, Stärkung der Körpermuskulatur etc.) zum Einsatz kommen. Mit den Reha-Zentren in Bad Häring und Tobelbad ist man gut im Gespräch. Kronberger: "Vielleicht gewinnen diese Personen auch über die Möglichkeit, Golf lernen zu können, ihre Lebensfreude wieder zurück."

Der seit 13 Jahren querschnittgelähmte Deutsche Christian Nachtwey, ebenfalls ein EM-Teilnehmer, war nach seinem Motorradunfall an der Entwicklung des Powergolfers maßgeblich beteiligt - weil er sein Hobby Golf nicht aufgeben wollte und weil ihm der Sport einfach guttut. "Ich bin Spastiker, leide an ungewollten Muskelkontraktionen. Wenn ich nur drei Stunden im Powergolfer sitze und Golf spiele, ist die Spastik mal für ein paar Tage weg." (David Krutzler, DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 4. Oktober 2010)