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Bischof Erwin Kräutler ist einer der vier Preisträger des Alternativen Nobelpreises 2010 - und weiß nichts davon. Schuld daran ist der brasilianische Dschungel - oder besser die Kommunikationsprobleme im Busch. Der am 12. Juli 1939 in Kob-lach in Vorarlberg geborene Bischof der Prälatur Xingu - mit 350.000 Quadratkilometern und 400.000 Einwohnern flächenmäßig die größte Diözese Brasiliens - ist derzeit entlang der Transamazônica unterwegs, auf Besuch bei den Indios, Kleinbauern und Landarbeitern, deren Rechte er seit Jahrzehnten gegen die großen agroindustriellen Konzerne verteidigt. Internet und Telefon und selbst ein Nobelpreis werden da zumindest vorübergehend zur Nebensache.

Der von der Theologie der Befreiung geprägte austrobrasilianische Bischof riskiert mit seinem Einsatz für die Armen und Rechtlosen Leib und Leben. 1983 wurde Kräutler international als "der verprügelte Bischof" bekannt, als er wegen Teilnahme an einer Solidaritätsaktion von der Militärpolizei festgenommen und misshandelt wurde. Am 16. Oktober 1987 rammte ein Kleinlaster frontal das Auto des Bischofs. Kräutler wurde schwer verletzt, ein mitfahrender Pater überlebte den Anschlag nicht. Bis heute ist auf Kräutler ein Kopfgeld von fast 500.000 Dollar ausgesetzt. Die Gründe für Morddrohungen liegen vor allem in seinem Widerstand gegen das Staudammprojekt Belo Monte und seine Anzeigen gegen einflussreiche Personen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Seit vier Jahren steht der begeisterte Läufer daher unter Polizeischutz - für den Bewegungsfanatiker eine kaum zu ertragende Situation. Vor allem auch, weil die Sicherheitsvorkehrungen das Aus für den bischöflichen Morgensport bedeuteten. Jeden Tag um fünf schnürte "Dom Erwin" nämlich die Laufschuhe und joggte entlang des Rio Xingu - stets exakt drei Rosenkränze lang. Heute bleiben dem Bischof gerade noch zweimal 65 Schritte ohne Polizeischutz - auf dem Gang im Kloster.

Doch für Kräutler, der das Amt in Brasilien 1981 übrigens direkt von seinem Onkel Erich übernahm, ist eines klar: "Ich werde das durchziehen, bis ich 75 bin." Da hat der Präsident des Indianermissionsrats der Brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI) dann das kanonische Alter für die Abdankung von Bischöfen erreicht - und möglicherweise mehr Zeit für Heimatbesuche, denn im fernen Brasilien fehlt dem Gottesmann vor allem eines: Kässpätzle.(Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 1.10.2010)