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Beşiktaş vertraut auf den deutschen Trainer Bernd Schuster.

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Herr Guti ist offensichtlich nicht von Real Madrid gekommen, um sich auszuruhen - im Gegenteil. Er gaberlt und kämpft.

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Um es gleich vorwegzunehmen: Rapid hat nicht den Hauch einer Chance. Hic, sifir, bitmis. Nichts, null, aus. Sinan Vardar, Vorstandsmitglied von Beşiktaş Istanbul, hat es so gesagt. "Wir werden Rapid schlagen, wir sind die Favoriten, wir vertrauen auf unser Team und unseren Trainer, Bernd Schuster." Denn Beşiktaş rollt jetzt von Sieg zu Sieg, nicht wahnsinnig glanzvoll, aber zuverlässig.

Samstagabend im Spiel gegen Antalyaspor (2:1) haben die Beşiktaş-Männer im Wesentlichen bewiesen, dass sie auch ohne ihren Guti gewinnen können. Der Neuzugang von Real Madrid hatte sich vergangene Woche im Training verletzt und fiel für den sechsten Spieltag in der Süperlig aus. Noch eine schlechte Nachricht für Rapid: Bei der Europa-League-Begegnung am Donnerstag im Ernst-Happel-Stadion wird der Spanier wieder dabei sein. Der österreichische Nationalspieler Ekrem Dag dagegen muss weiter seine Zehe kurieren, die er sich im Derby gegen Fenerbahce angehauen hatte.

José María Gutiérrez Hernández aber ist nun in einer Person Torproduzent und Friedensstifter zwischen den Beşiktaş-Fans und dem umstrittenen Klub-Präsidenten. "Wir sind derzeit großartig", erklärt Beşiktaş-Vorstand Vardar im Gespräch mit dem Standard. "Guti ist sehr wichtig für uns." Nach einer durchwachsenen Saison 2009 steuert Beşiktaş mit dem glamourösesten unter seinen neun Zugängen den Champion-Titel in der Süperlig an. Das wäre dann Nummer 14 für den Traditionsverein auf der europäischen Seite von Istanbul.

Im Fan-Truck auf dem Taksim-Platz, einem rollenden Shop, der mit seinen düsteren Wolkengemälden und dem schwarzen Adler an der Außenseite eher wie eine Mischung aus Heavy Metal und Harry Potter in den schlechteren Momenten aussieht, verkaufen sie nun rege "forma" - Trikots in den schwarz-weißen Vereinsfarben, 100 türkische Lira das Stück mit Namenszug, umgerechnet 50 Euro eben. Eau de Toilette von Beşiktaş in sechs Varianten und auch für die Dame ("Beşiktaş First") geht dagegen überhaupt nicht. Das mag daran liegen, dass sich der Beşiktaş-Fan lieber mit grundsätzlichen Dingen befasst, etwa mit dem Leben und dem Tod. Der jüngste Schlachtgesang der Çarşi, der legendären Beşiktaş-Fangemeinde, lautet: "Wir sind gekommen, um euch zu stärken, / Wir sind gekommen, um der Schweiß in euren Hemden zu sein, / Wir sind gekommen, um mit dir, Beşiktaş, zu sterben."

Das muss natürlich nicht sein, und Alen Markarjan, der "Capo" der Çarşi und große Dirigent der Fans auf der Tribüne, hat ohnehin immer noch Stadionverbot und schaut sich die Spiele von Beşiktaş am Bildschirm in seinem Kebap-Restaurant an. Beşiktaş-Präsident Yildirim Demirören hat den türkisch-armenischen Çarşi-Chef vergangenes Jahr zusammen mit 150 anderen Hardcore-Fans ins Exil geschickt. "Demirören wollte uns alle damit bestrafen", sagt Burak Sigirci, Beşiktaş-Fan seit dem Alter von fünf, seit nun 24 Jahren. Den "reichen Typen" an der Spitze des Klubs mögen sie wirklich nicht, die Çarşi. Er ruiniert Beşiktaş mit den teuren Transfers, sagen sie, er kümmere sich nicht um den Nachwuchs in den Akademien, und er hat Beşiktaş schon fast zu einem solchen Kapitalistenverein gemacht wie Fener auf der anderen Seite des Bosporus. Markarjan und seine Truppe stimmten deshalb im Stadion Gesänge gegen den Präsidenten an. Das hat dem Mann aus der Gas- und Ölbranche nicht gefallen.

Herz muss sein

Andererseits hat Demirören dieses Jahr eben Guti und Ricardo Quaresma zu Beşiktaş geholt und 2009 Fabian Ernst. "Wir haben erwartet, dass Guti sein Geld einsteckt und sich ausruht. Aber er läuft und kämpft", sagt Sigirci, der Çarşi-Mann. "Wir heißen jeden willkommen, der mit seinem Herzen spielt." Gilt auch für Mehmet Aurelio, der beim Erzfeind Fenerbahce im Sold stand, und andere Spieler, die, nun ja, sich immer redlich mühen. Michael Fink oder Ekrem Dag gehören dazu - ein "interessanter Spieler", meint Ali Murat Hamarat, Sport-Chef bei der linksliberalen Tageszeitung Taraf, "er ist eine Biene, die keinen Honig macht".

Im Mittelfeld ist Beşiktaş durch die Neuzugänge viel offensiver geworden, wie die Süperlig-Spiele zeigten (4:1 gegen Karabükspor, 4:0 gegen Ankaragücü, selbst das 1:1 im Derby gegen Fener). "Das Spiel läuft schnell dahin, und dann macht Guti einen Pass, der alles entscheidet", sagt Hamarat. (Markus Bernath - DER STANDARD PRINTAUSGABE, 27.September 2010)