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Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

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Das Foto zu diesem Blogeintrag bedarf einer Erläuterung - wegen des österreichischen Passes, der darauf, neben der Wahlurne, abgebildet ist. Bekanntlich werden bei den im Final Countdown befindlichen Wiener Wahlen nicht nur Inhaber des roteingebundenen Reisedokuments, welches die österreichische Staatsbürgerschaft bescheinigt, abstimmungsberechtigt sein. Die Regeln der Europäischen Union haben auch dem Staat Österreich das kommunale Wahlrecht für EU-Bürger aus anderen Mitgliedsstaaten aufgezwungen.

Ja, „aufgezwungen": Denn der Gedanke, dass auch Nicht-„Hiesige" bei Wahlen eine Stimme haben, ist dem politischen Establishment und den meisten Staatsbürgern höchst unangenehm. Das wird verhindert und entspricht, wenn es einem Verfassungstest unterzogen wird, nicht den grundrechtlichen Normen. So geschah es nach dem Beschluss eines kommunalen Wahlrechts für so genannte Drittstaatangehörige, also Nichtösterreicher von außerhalb der EU, im Jahr 2002 in Wien. Der Verfassungsgerichtshof hob die Möglichkeit für bereits lang in Wien ansässige Serben, Kroaten, Türken - um drei zahlenstarke Einwanderergruppen zu nennen -, in den Wiener Bezirken demokratisch mitbestimmen zu können, wieder auf. Dass damit ein rotgrüner Beschluss, der EU-Vorschlägen folgt, vom Tisch gewischt wurde, wird all jene freuen, die aus diesem politischen Eck - oder, im Fall der EU, von dieser geographischen Umkreisung - nichts Gutes erwarten.

Tatsächlich hat der VfGH-Spruch aber eine Situation einzementiert, die sich zum Nachteil des Allgemeinwesens auswirkt. Menschen, die dort, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben, politisch nicht mitbestimmen dürfen, haben naturgemäß nur wenig Interesse an der herrschenden politischen Auseinandersetzung. Sie kommen als Bürger niemals wirklich in der Gesellschaft, in der sie leben, an - was ihnen u. U..als Integrationsverweigerung ausgelegt wird. Und dieser Eindruck wiederum liefert jenen Kreisen Argumente, die sich für weitere Tests und Hürden auf dem Weg zur österreichischen Staatsbürgerschaft aussprechen, die (siehe oben) Voraussetzung fürs Wählen-Dürfen ist. Alles in allem ein sich selbst bestätigender Ausschließungskreislauf.

Bei den Wiener Wahlen versucht jetzt die Aktion Wahlwechsel (www.wahlwechsel.at) auf die Wahlausschlussproblematik hinzuweisen, von der in der Bundeshauptstadt inzwischen bereits rund 17 (bundesweit rund zehn) Prozent der Wohnbevölkerung betroffen ist. Die Idee, dass wahlberechtigte ÖsterreicherInnen stellvertretend für Drittstaatangehörige ihr Kreuzerl machen sollen, hat ihre Schwächen (der Wahlberechtigte verzichtet auf die eigene Stimmabgabe...), aber als Zeichen, dass etwas falsch läuft, ist sie sehr geeignet.

Irene.Brickner@derStandard.at