Wien - Wer sich in vor zehn Jahren ein Wiener Zinshaus um eine Million Euro gekauft hat, darf sich heute über einen doppelt guten Deal freuen. Der Marktwert des Gebäudes liegt inzwischen eher bei 1,5 oder zwei Millionen Euro. In den steuerrechtlich relevanten Büchern ist der Wert des Gebäudes freilich geringer geworden. Möglich macht das die steuerrechtliche Abschreibung (AfA, Absetzung für Abnutzung), die bei Gebäuden ebenso möglich ist wie bei Autos und Maschinen.

Der Wiener Steuerrechtler Werner Doralt schlägt eine Reform dieses Systems vor. Doralt fordert, die Abschreibungen auf Gebäude für drei Jahre auszusetzen. "Damit könnte sich der Fiskus einen Teil des in den Gebäuden schlummernden Mehrwerts zurückholen", sagte Doralt beim Jus-Alumni-Frühstück in den Räumen des Standard am Donnerstag.

Stille Reserven durch Abschreibung

"Durch die Abschreibung von Gebäuden entstehen erhebliche stille Reserven, die nie oder nur beim Verkauf des Gebäudes versteuert werden", sagte Doralt. Eine Aussetzung würde dem Finanzminister eine Zeit lang tatsächlich Mehreinnahmen bringen, allerdings auch die Abschreibeperiode verlängern wodurch sich der Gewinn über die Jahre wieder ausgleicht. Im VP-geführten Finanzministerium schlägt dem Vorschlag Doralts wenig Begeisterung entgegen. "Wir brauchen nicht andauernd Vorschläge dazu, wie man die Steuern erhöhen kann, sondern eher Vorschläge, wie die Verwaltung effizienter gestaltet werden kann", heißt es.

Grundsteuer aus den Betriebskosten herausnehmen

Doralt hat dennoch weitere Rezepte zur Budgetsanierung parat: So schlägt er auch die Erhöhung der Grundsteuern vor. Die Einheitswerte sollten zumindest an die Inflation seit 1983, als sie zuletzt angehoben wurden, angepasst werden. Eine solche Erhöhung könnte dem Fiskus eine halbe Milliarde Euro bringen. Damit sich dies nicht auf die Mieten niederschlägt, sollte die Grundsteuer aus den Betriebskosten herausgenommen und vom Hausherrn getragen werden. Daneben plädierte der Steuerrechtler für Abschaffung umstrittener Begünstigungen für Stiftungen. (szi, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.9.2010)