Eva Böhm und Mehmet Isik auf Streife

Foto: jus/derStandard.at

Seit einem Jahr patrouillieren die Ordnungsberater von Wiener Wohnen durch die Gemeindebauten in allen 23 Bezirken.

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Hundekot, Einkaufswagerl, Sperrmüll und Schmierereien - es gibt viel zu tun.

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Einkaufswagerl-Entführung: Ein neues Hobby der Wiener? In der Großfeldsiedlung werden pro Streife durchschnittlich etwa 60 verwaiste Einkaufswagerl entdeckt.

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Auch Schmierereien ...

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... und illegal abgestellter Sperrmüll sind ein Problem und werden dokumentiert und gemeldet. Dafür haben Mehmet Isik und Eva Böhm immer einen Fotoapparat, Schreibzeug und ein Handy mit.

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Die meiste Diskussion liefern aber Hundehalter, die Leinenpflicht und Sauberkeit nicht einhalten. Pro Gackerl müssen sie mittlerweile 36 Euro zahlen.

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Vor rassistischen Schmierereien ist auch ein Lokal der SPÖ nicht gefeit. Rassistische und sexistische Schmierereien müssen innerhalb von 24 Stunden nach der Meldung entfernt werden.

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Hundekot, Einkaufswagerl und Sperrmüll: Das dreckige Triumvirat des Schreckens in der Großfeldsiedlung. Um Weihnachten herum werden verwaiste Einkaufswagerl nur noch von alten Fernsehern geschlagen, die an jeder Ecke abgeladen werden. "Wo steht das geschrieben?", das bekommen Eva Böhm und Mehmet Isik öfters zu hören, wenn sie darauf hinweisen, dass Einkaufswagerl nicht zum Stadtbild gehören und Sperrmüll richtig entsorgt werden muss. "In der Hausordnung", lautet dann die sachliche Antwort. Seit einem Jahr ziehen die beiden regelmäßig ihre blau-weißen Westen an und patrouillieren als sogenannte Ordnungsberater durch Wiens Gemeindebauten.

20 Personen im Alter von 22 bis 50 Jahren arbeiten als Ordnungsberater, pro Dienst ist eine Schicht von acht Stunden vorgesehen, die Arbeitszeit fällt in den Zeitraum von sechs bis 21:30 Uhr. Sie sind befugt, Abmahnungen auszusprechen und Strafmandate und Anzeigen auszustellen. Um in das Team aufgenommen zu werden, muss man einen Test bestehen. "Der beinhaltet Allgemeinwissen, Mathematik, Rechtschreibung und Politik", berichtet Eva Böhm. Im vergangen Jahr haben viele Menschen den Test nicht bestanden. "Es bewerben sich halt auch Menschen für einen Job bei der Stadt Wien, die nicht einmal wissen, wer der Bürgermeister ist", sagt sie schmunzelnd.

Laute Kinder und angeschmierte Aufzüge

Eine ältere Dame entdeckt die Ordnungsberater und steuert sicheren Schritts auf sie zu. "Bei mir zieht es wie im Vogelhäusl und die Aufzüge sind auch angeschmiert", beschwert sie sich und referiert danach zehn Minuten über den zunehmenden Verfall der Siedlung. Böhm verweist auf das Kundenzentrum von Wiener Wohnen - die Ordnungsberater sind nur für die Außenbereiche zuständig. Die Dame scheint aber bereits damit zufrieden zu sein, dass sich jemand ihre Sorgen angehört hat und verabschiedet sich: "Entschuldigung, dass ich sie aufgehalten habe, aber irgendwo muss man sich ja einmal ausreden."

Gespräche könnten eben Konflikte verhindern, bevor sie entstehen. "Wenn im Sommer die Kinder mit harten Lederbällen in den schmalen Vierkanthöfen spielen, hallt es besonders laut. Wir fragen dann zum Beispiel nach, ob ein Sportkäfig in der Nähe ist", erklärt Böhm. "Die meisten Kinder sind sowieso einsichtiger als Erwachsene", ergänzt Oskar Schön, der bei Wiener Wohnen als Leiter für die Ordnungsberater tätig ist.

Nach einer Stunde stoßen die Ordnungsberater auf einen völlig verdreckten Müllraum. In der Nacht stand die Türe offen, es wurden versiffte Matratzen abgestellt und Mülltonnen verwüstet. "Auch das muss dokumentiert werden. Da braucht man manchmal einen guten Magen", sagt Schön. Die Blauwesten machen schnell ein paar Fotos und Notizen und weiter geht es im Rundgang.

220.000 Gemeindewohnungen

Rund 500.000 Menschen leben in rund 220.000 Gemeindewohnungen, die von Wiener Wohnen, also der Stadt Wien, verwaltet werden. Aus einer Umfrage im Jahr 2008, die an alle Bewohner ausgeschickt wurde, ging hervor, dass sich viele eine bessere Einhaltung der Hausordnung wünschten. Ein Jahr später traten deshalb die Ordnungsberater auf den Plan.

Wenn sie ein Organstrafmandat vergeben müssen, sehen die meisten Menschen ihren Fehler ein und akzeptieren die Strafe, berichtet Eva Böhm: "Doch besonders die Menschen mit kleinen Hunden sehen nicht ein, warum die Gesetze für alle Hunde gelten. Manchmal werden die Besitzer aggressiv, wenn wir verlangen, dass sie den Hund anleinen oder den Kot wegräumen." Die Strafe für "vergessenen" Hundekot fängt bei 36 Euro an. Wer nicht zahlt, kann damit rechnen, dass die Strafe schnell auf 150 bis 200 Euro ansteigt.

Bei Sperrmüll, der einfach am Wegesrand liegen gelassen wird, sind die Strafen schon saftiger. "Sonst würden sich das viele Leute wohl einfach 'leisten', anstatt die Entsorgung zu bezahlen", sagt Oskar Schön von Wiener Wohnen. Anzeigen werden bei der Strafbehörde MA 58 erstattet. Das gesamte Strafverfahren, bis hin zur Exekution, wird von der MA 58 durchgeführt.

"Das regt zu Recht auf"

Nicht alle Bezirke bekommen die gleiche Aufmerksamkeit. In zwei Drittel der Gemeindebauten, besonders in kleineren, gebe es kaum Probleme. In größeren Bauten, wie der Großfeldsiedlung, dem Rennbahnweg, der Mitterhofgasse und dem Schöpfwerk würden größere Schwierigkeiten auftreten. Zudem werden die Randbezirke Wiens von "Mülltouristen" aufgesucht, wie Schön berichtet, die ihren Sperrmüll dort abladen. Die Kosten werden bei der Beseitigung auf alle Mieter aufgeteilt. "Das regt zu Recht auf", sagt der Leiter der Ordnungsberater.

"Nicht nur Engerl in Genossenschaftswohnungen"

Schöns Bilanz nach einem Jahr Einsatz der Ordnungsberater fällt durchaus positiv aus: "Es spricht sich im Gemeindebau herum, dass wir unterwegs sind und die Mieter halten sich öfter an die Spielregeln." Die Masse des Sperrmülls sei zum Beispiel bereits deutlich zurück gegangen. "Wir wollen nur ein Umdenken bewirken und nicht die ganze Zeit kontrollieren. Das will ja keiner." Eines ist ihm aber wichtig zu betonen: "Das ist zwar ein Service für den Gemeindebau: Das heißt aber nicht, dass die Mieter in Genossenschaftswohnungen nur Engerl sind." (Julia Schilly, derStandard.at, September 2010)