Moderne Mensch-Maschine-Schnittstellen sind intuitiv. Mit der komplizierten Technologie dahinter sollen Benutzer kaum in Berührung kommen.

Montage: Michaela Köck

Gabriele Kotsis: "Die Maschine ist nur eine Krücke, die unterschiedliche Unzulänglichkeiten überbrückt."

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Sascha Aumüller fragte trotzdem, ob K.I.T.T. irgendwann noch kommt.

Das Wiener Zentrum für Innovation und Technologie fördert Forschung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Beim IKT-Call 2010 sind Projekte zur Vernetzung von Mensch und Maschine gefordert. Die Jury-Vorsitzende Gabriele Kotsis weiß, was intelligente Maschinen heute auszeichnet.

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STANDARD: An "Knight Rider" mögen Sie nicht etwa Michael, sondern Bonnie, die Technikerin. Was war in den 1980er-Jahren eher Science Fiction für Sie, der sprechende K.I.T.T. oder eine Heldin der Forschung?

Kotsis: Dass es einen Mangel an Frauen in der Forschung gibt, war mir im Schulalter noch nicht bewusst. Ich hatte eine sehr gute Mathematiklehrerin und habe angenommen, starke Frauen wie Bonnie gibt es oft in der Wirklichkeit. Interessanter war also das Auto ...

STANDARD: ... mit dem wir uns bis heute nicht unterhalten können. Glauben Sie, K.I.T.T. wird beim aktuellen IKT-Call vorgestellt?

Kotsis: Es wird so ähnliche Einreichungen geben, denn K.I.T.T. ist als Science Fiction ein wenig in die Jahre gekommen. Man muss sich nur anschauen, um welche Technologie es sich eigentlich handelte: Sprachsteuerung - das haben wir heute schon. Allerdings ist K.I.T.T. auch als Kumpel von Michael Knight thematisiert worden, in dieser Rolle sehe ich Technik nicht.

STANDARD: In welcher Rolle dann?

Kotsis: Oft geht es nur darum, dass wir mit Menschen, die gerade nicht face-to-face greifbar sind, mittels Maschinen kommunizieren können. Insofern ist es eine wunderbare Entwicklung, dass die Mensch-Maschine-Kommunikation nicht in der Form von K.I.T.T. gekommen ist. Je mehr die Maschine in den Hintergrund tritt, desto besser. Die Maschine ist nur eine Krücke, die unterschiedliche Unzulänglichkeiten überbrückt.

STANDARD: Die Mensch-Maschine-Kommunikation ist also in Wirklichkeit eine zwischen Menschen?

Kotsis: Das muss das Ziel sein. Wir sehen ja, in welche Richtung sich die Forschung entwickelt: Die Maschine lernt mit Menschen umzugehen, nicht umgekehrt.

STANDARD: Geschieht das spielerischer als früher?

Kotsis: Ich habe mir gerade einen Laufcomputer gekauft, mit dem ich jetzt seit über einer Stunde herumspiele. Es ist sehr befriedigend, dass er endlich funktioniert. Erst wenn der Mensch das Gefühl hat, ein Gerät beherrschen zu können, macht es ihm auch Spaß. Ich geb's zu, ich entwickle manchmal eine persönliche Beziehung zu Gadgets. Aber der Markt funktioniert anders. Beim IKT-Call sind daher intelligente Produkte gefragt. Intelligent heißt: Maschinen sollen reaktiv genug sein, um das zu tun, was wir wollen.

STANDARD: Heißt das bald auch: künstlich intelligent wie K.I.T.T.?

Kotsis: Die künstliche Intelligenz hat eine deutliche Entwicklung durchgemacht. In den Anfängen der KI-Forschung glaubte man, menschliches Denken nachbilden zu müssen. Menschen können schnell Ähnlichkeiten zwischen Dingen feststellen, einem Computer das beizubringen, ist aber extrem schwierig. Nun ist man davon abgegangen, Funktionen des Gehirns nachzuahmen, weil die Technik noch nicht so weit ist, vielleicht niemals sein wird.

STANDARD: Andere Nachahmer von Menschen, die Roboter, sind aber nach wie vor gefragt. Warum?

Kotsis: An die Robotik gibt es hohe Erwartungshaltungen, weil man der Vision nachhängt, einen elektronischen, menschlichen Begleiter bauen zu können. Beim Forum Alpbach ist erst letzte Woche ein künstlicher Seehund vorgestellt worden, der versucht, menschliche Emotionen zu wecken. Das ist aber nur eine Art der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Die andere ist die, wo die Technik überhaupt nicht personalisiert wird, sondern wo sie - ganz im Gegenteil - verschwindet. Beispiel: Sie lesen ein vermeintlich normales Buch, da ist aber letztendlich intelligente Technologie eingebaut, die feststellt, was Sie interessiert. In Zukunft wird daran ein Vorschlagsystem geknüpft sein, das Ihnen andere Bücher empfiehlt. Da stellt sich dann die Frage, wie sehr wir Menschen in dieser Form beobachtet werden wollen. Mensch-Maschine-Schnittstellen sind tendenziell schwerer sichtbar.

STANDARD: Sind Schwerpunkte der österreichischen "Mensch-Maschine-Vernetzung" sichtbar?

Kotsis: Sicher jene, die bereits vom Verkehrsministerium gefördert wurden: also eingebettete und semantische Systeme. Da haben sich Schwerpunkte gebildet, wo wir international mithalten können. Allerdings sind das generell Schwerpunkte der EU-Forschung in den IKT.

STANDARD: Also eher eine europäische Spezialität.

Kotsis: Heimische Forschungsgruppen sind in den genannten Bereichen im Spitzenfeld, ein nationales Alleinstellungsmerkmal kann es diesem Bereich aber nicht mehr geben. Das ist auch gut so, sonst wäre die Vernetzung von Mensch und Maschine für die Zukunft zu eng aufgestellt. (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Printausgabe, 01.09.2010)

=> Wissen: Mensch-Maschine

Wissen: Mensch-Maschine

Beim "Call IKT Wien 2010" werden Forschungsprojekte zur Vernetzung von Mensch und Maschine gebündelt; dazu gehören Bereiche wie virtuelle Realitäten, künstliche Intelligenz und Robotik, aber auch elektronische Bibliotheken, semantische Internetdienste und Open Source Software. Gesucht werden Projekte, die einen Technologiesprung aufweisen und dennoch schnell umsetzbar sind. Die Technologieagentur der Stadt Wien (Zentrum für Innovation und Technologie) stellt dafür eine Gesamtfördersumme von 1,5 Mio. Euro zur Verfügung. Einreichungen sind bis zum 7. 9. 2010 möglich. (saum)