Ausgezeichnete Femtech-Expertin Alexandra Millonig.

Foto: Astrid Bartl

Ein Ergebnis ihrer Dissertation, in der Alexandra Millonig an der TU Wien das "räumliche Verhalten von Fußgängern in Einkaufsumgebungen" untersucht hat, bestätigte zuerst einmal ein Klischee. Was sie "nicht unbedingt beabsichtigte", wie sie sagt.

Frauen investieren laut der Erhebung tatsächlich mehr Zeit ins Einkaufen als Männer und bleiben öfter bei Geschäften stehen. Eine vertiefende Untersuchung zeigte aber, dass die Gründe woanders liegen, als man dem Klischee der shoppingaffinen Frauen nach vermuten könnte: "Eine sehr große Gruppe sind Frauen, die im Haushalt fürs Einkaufen zuständig sind, das aber nicht als angenehm, sondern als Stress empfinden."
Andererseits hat die Studie ergeben, dass es auch einen "männlich dominierten Einkaufstypus" gibt, "der das Einkaufserlebnis genießt, der gerne flaniert, sich hinsetzt und Kaffee trinkt und den Einkauf eher locker angeht".

Ihre Dissertation zur "Klassifizierung des räumlichen Bewegungsverhaltens von Fußgängern" brachte Alexandra Millonig vergangenes Jahr bei einem Symposium für Location Based Services in Nottingham einen Preis für High Potentials. Location Based Services bezeichnen mobile Dienste, die mithilfe positionsabhängiger Daten Informationen bereitstellen. Die Daten, die sie für die Dissertation erhoben und ausgewertet hat, verwendet sie auch für ihre Arbeit am Austrian Institute of Technologie (AIT), wo sie bereits fünf Jahre forscht und Projektleiterin ist. An der TU Wien war sie die letzten drei Jahre zusätzlich Projektassistentin.

Ihr Arbeitsschwerpunkt, den sie in mehreren Projekten gemeinsam mit Unternehmenspartnern im Geschäftsfeld der Dynamic Transportation Systems im Mobility Department des AIT umsetzt, liegt in der Untersuchung des Mobilitätsverhaltens unterschiedlicher Gruppen. Das können Pendler sein, oder Menschen, die einen Kinderwagen dabeihaben, genauso wie physisch eingeschränkte Verkehrsteilnehmer, oder Leute, deren Verhalten ein bestimmter Lebensstil beeinflusst.

Die Simulationen, an denen sie arbeitet, sollen das Verhalten der VerkehrsteilnehmerInnen aufschlüsseln und messbar machen. Die Ergebnisse sind nicht nur für die Überprüfung von Projekten im Bereich der Verkehrsplanung wichtig, sie sollen auch dazu beitragen, nachhaltige Verkehrsformen zu fördern und Barrieren gegebenenfalls mit technologischen Mitteln abzubauen. Denkbar ist etwa, dass künftig mobile Navigationssysteme für bestimmte Gruppen optimierte Informationen abrufen.

Millonigs Arbeit bekam nicht nur in Nottingham Aufmerksamkeit: Die Forschungsgemeinschaft Straße und Verkehr sprach bereits ihrer Diplomarbeit über menschliches Orientierungsverhalten, mit der sie ihr Studium der Raumplanung an der TU Wien abschloss, einen Anerkennungspreis zu. Für eines der Projekte am AIT, "ways2dat", zeichnete das Verkehrsministerium Millonig und ihre Kollegen heuer mit einem Gender-Award aus.

Die Begleitstudie erarbeitet einen Leitfaden, der den Zugang zu geeigneten Testpersonen für die Mobilitätsforschung erleichtern soll. Im Juni wurde sie zudem zur Femtech-Expertin des Monats gekürt, ebenfalls eine Initiative des Verkehrsministeriums.

Alexandra Millonig wurde 1972 geboren, wuchs in Waldhausen im Strudengau auf und ist Mutter von drei Kindern. (Alois Pumhösel/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.9.2010)