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Nach dem Amoklauf in Lörrach wurden vor dem St.-Elisabethen-Krankenhaus Kerzen abgestellt. Bei dem Amoklauf einer Anwältin war im Spital ein Pfleger getötet worden.

Foto: dapd/Michael Probst

Heribert Rech (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, machte am Montag aus seinem Entsetzen keinen Hehl: "Wenn ich ganz ehrlich sein darf - auch wenn es sich nicht für eine Überschrift eignet - ich habe gedacht: Nicht schon wieder." Am Abend zuvor waren in Lörrach an der deutsch-schweizerischen Grenze vier Menschen ums Leben gekommen.

Der Auslöser für den Amoklauf der 41-jährigen Anwältin Sabine R. dürfte im Familienbereich liegen. Die Tat ereignete sich zunächst in der Wohnung der Frau, als der von ihr getrennt lebende Ehemann den gemeinsamen Sohn abholen wollte. Seit der Trennung vor acht Wochen lebte der Fünfjährige beim Vater. Deutsche Medien berichten, dass es um das Sorgerecht für den Buben massiven Streit gegeben habe, oft hätten Treffen mit sehr lautstarken Auseinandersetzungen geendet.

In der Wohnung löst die Frau mittels eines Brandbeschleunigers eine gewaltige Explosion aus, die Wohnung wird völlig verwüstet, eine Wand herausgerissen. Es sterben sowohl ihr Ex-Mann als auch das Kind. Der Mann weist auch Schussverletzungen auf, auf das Kind wurde mit einem stumpfen Gegenstand eingeschlagen.

Die Feuerwehr muss anschließend sieben Menschen aus dem selben Haus und zwölf Menschen aus dem Nachbarhaus evakuieren, 15 davon erleiden Rauchgasvergiftungen. Nach dem Brandanschlag läuft die Frau aus dem Haus und schießt mit einer kleinkalibrigen Sportpistole auf der Straße wahllos zwei Passanten an. Ein Mann wird in den Rücken getroffen, ein zweiter erleidet dabei einen Streifschuss am Kopf.

Polizei erschießt Täterin

Danach stürmt sie in die gynäkologische Abteilung des 150 Meter entfernten katholischen Krankenhauses St. Elisabethen. Warum sie dies tut, ist unklar. Die Polizei wies am Montagnachmittag aber darauf hin, dass die Anwältin im Jahr 2004 in diesem Krankenhaus eine Fehlgeburt hatte.

Im Spital stirbt ein zufällig anwesender Pfleger durch ihre Hand, seine Leiche weist sowohl Schuss- als auch Stichverletzungen auf. Doch im Krankenhaus gelingt es der Polizei dann auch, den Amoklauf zu stoppen. Die Anwältin wird dabei erschossen.

Die Polizei berichtet später, dass die Frau die Waffe legal besessen habe, diese sei in ihrer Waffenbesitzkarte eingetragen gewesen. Im Krankenhaus wurden auch 300 Schuss Munition gefunden. Unklar war am Montag noch, ob sie aktives Mitglied in einem Schützenverein war. Zu einem früheren Zeitpunkt sei sie auf jeden Fall aktive Schützin gewesen.

Spekulationen, es habe sich bei der Amokläuferin um eine psychisch Kranke gehandelt, weist Dieter Inhofer, der Leiter der Staatsanwaltschaft, zurück: "Die Frau hat in den letzten Wochen den Eindruck hinterlassen, psychisch angespannt zu sein. Anhaltspunkte für eine psychiatrische Erkrankung gibt es nicht." Innenminister Rech lobte den Einsatz der Polizei. Diese hatte eine "neue Strategie" angewandt, die man nach den Amokläufen von Erfurt und Winnenden erprobt habe. Rech: "Die ersten Polizisten am Tatort griffen ein, sie warteten nicht auf Verstärkung, sondern gingen gleich in das Gebäude hinein."

Auch die Oberbürgermeisterin von Lörrach, Gudrun Heute-Bluhm, erklärte: "Ich bin erschüttert, aber auch sehr dankbar dafür, dass alle Ermittler so beherzt reagiert haben und dadurch noch Schlimmeres verhindert wurde. Aber es ist schlimm für eine Stadt, so in den Schlagzeilen zu sein." (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD-Printausgabe, 21.9.2010)