Das Problem der Archivierung digitaler Daten steht im Zentrum der mittlerweile siebenten "iPres"-Konferenz, die derzeit an der Technischen Universität (TU) Wien stattfindet. Tony Hey, Microsoft-Vizepräsident für External Research, eröffnete die Tagung heute, Montagvormittag, mit einem Vortrag und strich im anschließenden Pressegespräch die Bedeutung der digitalen Langzeitarchivierung sowohl für Unternehmen wie Privatpersonen hervor. "Digitale Artefakte sind derzeit noch bedeutend verletzlicher als die realen Objekte", betonte Hey. Bis kommenden Freitag (24.9.) gibt es Diskussionen und Vorträge zum Thema.

Clouds

Ein wesentlicher Punkt ist Hey zufolge das Stichwort "Clouds". Darunter versteht man die Ansammlung von Daten und Informationen in Netzwerken und im Internet, womit lokale Sicherungen ergänzt respektive ersetzt werden könnten. Die entsprechende Entwicklung stecke aber noch in den Kinderschuhen. "Derzeit ist es noch günstiger, Informationen lokal zu speichern und gegebenenfalls in Form eines physischen Datenträgers zu verschicken", resümierte der Microsoft-Vertreter.

Die Speicherung etwa von kulturellen Gütern als digitale Versionen in einer Cloud sei zwar nicht per se zu verteufeln, so Max Kaiser, Leiter der Forschungsabteilung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), allerdings müsse man Vorkehrungen hinsichtlich Verfügbarkeit und Instandhaltung des Netzwerks treffen. Ein besonderes Problem bei der Weiterentwicklung von öffentlich zugänglichen digitalen Archiven stelle natürlich die kommerzielle Seite dar. Diese Angebote seien für Firmen derzeit einfach nicht lukrativ genug, betonte Hey. Auch die Umsetzung von Forschungsergebnissen in aktuelle Produkte würde dadurch verzögert werden.

Mehr als eine Tasse Kaffee

Die Bibliothek der Zukunft sieht Hey nach wie vor in einem realen Gebäude beheimatet, sie müsste aber "mehr anzubieten haben als eine Tasse Kaffee" und Lesesäle. Hinsichtlich Letzteren widerspricht Kaiser. So habe die ÖNB heuer einen zusätzlichen Leseraum öffnen müssen, um den Besuchern genug Platz zu bieten. "Trotz neuer Aufgaben und Services hat die Bibliothek als sozialer Raum nicht ausgedient."

Andreas Rauber von der TU Wien verwies auf die thematische Breite der Diskussion, von großen Datenmengen in Museen und Bibliotheken bis zu privaten Dateien. Auch die unterschiedlichen Formate stellen eine besondere Herausforderung für die Archivierung und speziell künftige Nutzung dar. Wie man diesen Problemen begegnen könnte, ist das Hauptthema der Konferenz, so Hey: "Es besteht wirklich die Gefahr, dass wir alte digitale Informationen in Zukunft nicht mehr lesen können." Kaiser warnte in diesem Zusammenhang vor "einem dunklen Mittelalter".

Allerdings seien "die derzeitigen Probleme sogar noch verhältnismäßig einfach", wie Rauber zu bedenken gab. "Wenn wir uns neue Formate anschauen, vernetzte Dokumente oder auch Applikationen für Mobiltelefone, wird deutlich, dass wir uns vom herkömmlichen Dokumentenkonzept relativ bald verabschieden werden." Diese Entwicklung würde von der rasant steigenden Menge an Informationen zusätzlich verstärkt und eine Lösungsfindung damit erschwert werden.

"Wir müssen uns darüber Gedanken machen, was passiert, wenn unser Leben digital verfügbar wird."

Welchen Einfluss die Digitalisierung auf die Daten selbst hat, strich Rauber abschließend hervor: "Information verändert sich, wenn man sie digital zugänglich macht. Mit einem Online-Telefonbuch kann man beispielsweise über die Nummer den dazugehörenden Namen finden, das ist mit den physischen Exemplaren nicht möglich. Obwohl es genau die gleiche Information ist." Diese Entwicklungen zielen letztlich auf eine ethische Fragestellung ab, so Rauber. "Wir müssen uns darüber Gedanken machen, was passiert, wenn unser Leben digital verfügbar wird."

Veranstalter der erstmals in Österreich abgehaltenen Konferenz sind die TU Wien, die ÖNB sowie die Österreichische Computer Gesellschaft. (APA)