Jerusalem - Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman hat einem grundlegenden Prinzip der Nahost-Friedensverhandlungen der vergangenen Jahre am Sonntag eine Absage erteilt: Bei den Gesprächen dürfe es nicht um einen Tausch von Land gegen Frieden gehen, sondern um einen Tausch von Land und Menschen, sagte Lieberman vor der wöchentlichen Kabinettsitzung. Deshalb müssten die Grenzen des Staats Israel neu gezogen werden, um jüdische Siedlungen einzubeziehen.

Arabische Dörfer, die sich derzeit auf israelischem Territorium befinden, fänden sich dann auf palästinensischem Gebiet wieder, erklärte der Außenminister. Israelische Medien berichteten, Lieberman wolle den Status der arabischen Israelis zu einer der Hauptfragen der Anfang September begonnenen Friedensgespräche machen. In einem Rundfunkinterview verteidigte er seinen Vorstoß mit dem Argument, israelische Politiker arabischer Herkunft würden das Existenzrecht Israels nicht anerkennen.

Als Beispiel nannte er die Knesset-Abgeordnete Hanin Zuabi, die sich an Bord eines der von der israelischen Armee gestürmten Gaza-Hilfsschiffe befunden hatte. "Leute wie Hanin Zuabi sollten sich meiner Meinung nach als palästinensische Bürger unter der Hamas-Regierung in Gaza wählen lassen", sagte Lieberman nach Angaben der Tageszeitung "Haaretz" (Internetausgabe). Zuabi konterte mit den Worten: "Lieberman steht für Apartheid und ethnische Säuberung."

Wollte arabischen Israelis die Staatsbürgerschaft entziehen

Der aus Russland stammende Politiker lebt in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland. Seine ultranationalistische Partei Yisrael Beiteinu hatte bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr starke Stimmengewinne erzielt. Im Wahlkampf hatte sie die Loyalität von Israelis mit arabischen Wurzeln infrage gestellt und wollte ihnen sogar die Staatsbürgerschaft entziehen ("Ohne Loyalität keine Staatsbürgerschaft"). Etwa ein Fünftel der Israelis sind Araber.

Ein Sprecher der Palästinenser sagte, Liebermans Äußerungen seien nicht hilfreich. Lieberman habe das zweitwichtigste Amt in der israelischen Regierung inne, sagte Sprecher Hussam Somlot. "Deshalb sind wir von seinen Äußerungen extrem entmutigt." Die Palästinenser sehen das Westjordanland als Kernland eines künftigen eigenen Staats und sind strikt gegen jeden israelischen Siedlungsbau dort. Die Siedlungsfrage ist auch eines der größten Hindernisse bei der Anfang September begonnenen neuen Runde von Friedensgesprächen.

Regierungssprecher Mark Regev sagte auf die Frage, ob Lieberman die offizielle israelische Haltung vertrete, verschiedene Parteien in der Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hätten unterschiedliche politische Ansichten. (APA)