Von der Fälschung zum Original: 1997 überarbeitete Hundertwasser ein gefälschtes Aquarell, das er noch 1993 als echt identifiziert hatte.

Foto: im Kinsky

Einiges sprach für, manches auch gegen ein authentisches Werk: Franz Sedlacek, gemeinsam mit Alfred Kubin und Fritz v. Herzmanovsky-Orlando Urvater des österreichischen Phantastischen Realismus, genießt unter Sammlern hierzulande einige Wertschätzung. Zu klassischen Bestsellern, mit denen Fälscher das große Geld wittern, gehört er eigentlich nicht. Aber, seine Arbeiten fallen aufgrund des mengenmäßig überschaubaren OEuvres in die Kategorie Rarität und die Preisentwicklung in den letzten Jahren war eine durchaus ansehnliche. Der vorläufige Zuschlagsrekord liegt bei netto 300.000 Euro für den Moulagenmacher aus dem Jahr 1932. Erzielt wurde dieser Wert 2007 im Kinsky.

Im Vorfeld der Jubiläumsauktion 2008 war man noch mit der Akquisition von qualitativ Hochwertigem beschäftigt. Da wurde den Experten ein 1927 datiertes und signiertes Sedlacek-Gemälde angeboten. Die Provenienzgeschichte klang abenteuerlich, aber nicht unglaubwürdig. Das Motiv, eine Vielzahl von Skifahrern auf einem Hang, vergleichbar mit einem 1926 ausgeführten Gemälde aus dem Bestand der Neuen Galerie der Stadt Linz: eine zweite Version der Übungswiese also. Oder auch nicht.

In Ermangelung eines Werkverzeichnisses - ein solches ist über "im kinsky editionen" für den Herbst 2011 geplant - waren Informationen zur zweifelsfreien Klärung nicht verfügbar. Diese lieferte eine akribische Untersuchung der Farben an der Akademie der bildenden Künste. Die Pigmentanalyse ergab, dass einige Farben in dieser chemischen Zusammenstellung 1927 noch nicht existierten, weil erst nach 1945 erfunden wurden. Zu dieser Zeit galt der Künstler bereits als an der Front verschollen. Solche naturwissenschaftlichen Gutachten, ist Otto-Hans Ressler überzeugt, werden sukzessive an Bedeutung gewinnen. Schon weil sich selbst Ex-perten bisweilen irren, wie der aktuelle Fälschungsskandal in Deutschland belegt.

Dass Gegenwartskunst vor Irrtümern gefeit sei, ist allerdings eine Fehleinschätzung. Bisweilen vertun sich sogar Künstler als absolut letzte Instanz. Die Kinsky-Chronik hält hier ein legendäres Beispiel bereit: "Sehen Sie das nicht?! Wie können Sie mich das überhaupt fragen", hatte Hundertwasser gebellt, als sich Ressler vor der Katalogisierung von Gelbe Küsse Gelbe Schiffe Mundboote der Authentizität versichern wollte. Und, er bestand sogar darauf, dem künftigen Besitzer ein zusätzliches Zertifikat auszustellen.

Im Dezember 1993 bewilligte also ein Privatsammler für das Aquarell 500.000 Schilling netto (37.350 Euro). Im Frühjahr 1996 meldete sich dieser bei Ressler und berichtete stolz, dass er "sein" Aquarell auch in der Sammlung Essl ("Malerei in Österreich 1945-1995", Künstlerhaus) gesehen hätte. Der Haken: Hundertwasser wiederholte seine Motive nie, eines der beiden Werke musste also ein Plagiat sein.

Nach eingehender Begutachtung entschied der Künstler, Essls 1995 bei Christie's in London erworbene (netto 23.508 Euro) sei echt, das andere falsch. Im Kinsky refundierte dem Betroffenen das Geld. Zum Ausgleich übermalte der Künstler Teile der Fälschung, die 1998 neuerlich im Kinsky zur Auktion gelangte. "Echter Hundertwasser auf Fälschung" fand dann allerdings erst im Nachverkauf für netto 11.600 Euro einen neuen Besitzer. (kron/ DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.9.2010)