Parkt mit anderen Meistern des 20. Jahrhunderts bis Mitte November im Leopold-Museum: Picassos "Katze und Hummer" ("Chat et homard", 1965), © Succession Picasso / VBK, Wien 2010

Foto: Robert Bayer, Basel

Wien - Es begann wie bei vielen mit dem Verkauf antiquarischer Bücher. Ernst Beyeler, 1921 in Basel als eines von fünf Kindern geborener Sohn eines Bahnbeamten, übernahm 1945 das Antiquariat seines Arbeitgebers und Mentors Oskar Schloss und begann dort auch Kunst zu verkaufen: japanische Holzschnitte, wie sie die frühen Helden der Kunst des 20. Jahrhunderts so beeindruckt und beeinflusst haben, Grafiken von Toulouse-Lautrec und Grafiken der Impressionisten.

Dazu verlegte der junge Händler aufwändig produzierte und großartig gestaltete Kataloge. Ihrer Verbreitung hat Beyeler seine ersten großen Geschäfte zu verdanken - und damit den Impuls, eine eigene Sammlung anzulegen.

Unverrückbares in Wien

Wesentliche Exponate aus dieser einmaligen Kollektion sind nun im Leopold-Museum ausgestellt. Ernst Beyeler ist es gelungen, neben dem Handel Spitzenwerke für seine private Sammlung zurückzuhalten: Arbeiten von Cézanne, Giacometti (Caroline, 1961) Kandinsky (Fuge, 1914), Léger (Uhr, 1918), Miró, Francis Bacon, Jackson Pollock, Roy Lichtenstein (die Surrealismusparaphrase Mädchen mit Träne III von 1977) oder Andy Warhol. Gerade mit seiner Kollektion an Amerikanern, wozu noch Rothko, Newman und Rauschenberg zu zählen sind, steht Beyelers Sammlung in Europa einzigartig da.

Rudolf Leopold selbst hat für Wien noch ausgewählt; er konnte Ernst Beyeler, der im Februar verstorben ist, überzeugen, auch Werke nach Wien zu verleihen, die ansonsten ihren unverrückbaren Platz im Fondation-Gebäude Riehen bei Basel haben. Dazu zählt etwa Picassos Frau aus der Zeit der Arbeit an den Demoiselles d'Avignon, mit der für die Ausstellung geworben wird.

Genau darin liegt auch der Reiz dieser Schau, die andere hier so beliebte "Von X bis Y"-Formate in den tiefen Schatten stellt. Zwei bestimmende Sammlerpersönlichkeiten des vergangenen Jahrhunderts haben sich einmal noch ausgetauscht (Rudolf Leopold verstarb am 29. Juni 2010). Das Wien um 1900 ist ab 26. September in Riehen präsent, die Meister des 20. Jahrhunderts parken bis Mitte November in Wien, einer Stadt die mit Picassos, Cézannes oder Giacomettis in den eigenen Beständen nicht üppig ausgestattet ist.

Ernst Beyeler präsentierte in seiner Galerie die Meister der Klassischen Moderne, zeigte Personalen von Picasso, Bonnard, Léger oder Giacometti, pflegte ebenso intensiven Umgang mit den Künstlern selbst wie mit deren wesentlichen Sammlern, die wie beispielsweise der Pittsburgher Unternehmer G. David Thomson in den USA lebten. Thomson vertraute Beyeler nicht nur beim Ankauf, sondern entscheidend auch bei der Veräußerung seiner Sammlung. Und Beyeler verstand es, die Werke fantastisch zu platzieren: Die Klee-Sammlung des Landes Nordrhein-Westfalen geht ebenso auf Beyelers Vermittlung zurück wie die Gründung der Giacometti-Stiftung, die Thompsons gesamten Bestand an Arbeiten des großen Schweizer Künstlers übernommen hat.

Wie sehr der Einfluss des Händlers und Sammlers auch den Markt geprägt hat, zeigt sein federführender Anteil an der Gründung der Art-Basel, der bis heute wichtigsten Kunstmesse der Welt. Deren ehemaliger Leiter, Sam Keller, der die Art um den einträglichen Appendix in Miami Beach erweitert hat, leitet derzeit die Fondation Beyeler. (Markus Mitttringer/ DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.9.2010)