Unter Mentoren & Mentees (v. l.): Manfred Holzkorn (Wiesner-Hager), Herbert Maderbacher (Six Card
Solutions), Heidi Aichinger (KarrierenStandard), Gabi Hahn (mmde), Antonia Stelzl (Trainee iv) und Peter Adler
(Unternehmer).

Foto: Standard/Regine Hendrich

Es geht um Austausch, nicht darum, dass einer (Mentor) etwas gibt und der andere (Mentee) etwas erhält. Mit diesem noch immer verbreiteten Vorurteil zum Thema Mentoring wurde am Montag gründlich aufgeräumt.

Gastgeber Manfred Holzkorn, österreichischer Vertriebsleiter der Wiesner-Hager Möbel GmbH und Mentor der ersten Stunde, kam als Erster zu Wort. Er erzählte, wie er das letzte Jahr als Mentor erlebt hat: "Gewöhnungseffekte gibt es nach vier Jahren, sie halten sich aber in Grenzen, weil ich immer einen anderen Mentee zu betreuen hatte. Die enge Beziehung, die während des Jahres zueinander entsteht, ist etwas ganz Besonderes. Zu manchen meiner Mitarbeiter verspüre ich auch eine starke Nähe, aber die Qualität ist eine andere, weil man im gleichen Unternehmen tätig ist."

Von seinem Mentee habe er erfahren, welche Probleme es in anderen Unternehmen gibt, und es sei ein Leichtes gewesen, gemeinsam darüber zu reflektieren. "Anders beim eigenen Chef. Dem tritt man nicht so offen gegenüber, aber genau für diese Ehrlichkeit bin ich meinem Mentee dankbar. Am Ende jeden Gesprächs habe ich mir immer die Frage gestellt, ob meine Leute nicht ähnliche Sorgen mit sich herumtragen. Insofern habe ich viel in meine Arbeit einbringen können."

Über einen Kollegen kam Antonia Stelzl von der Erste Bank zum Mentoring Circle und hatte für sich ein ganz klar definiertes Ziel: "Ich wollte unbedingt in die Unternehmensberatung, und ich habe gehofft, hier als Mentee den nötigen Antrieb zu bekommen, um diesen Schritt zu wagen." Den bekam sie, und zwar von ihrer Wunschmentorin Astrid Kleinhanns, Managing Director der WU Executive Academy.

Während der regelmäßigen Treffen stand ihr Kleinhanns mit vielen Infos und Tipps zur Seite, was gerade in der Bewerbungsphase besonders wertvoll gewesen sei. Über das nun vorliegende Joboffert einer Unternehmensberatung freuen sich beide.

Harmonie nicht garantiert

Nicht immer sei das Verhältnis zwischen Mentor und Mentee so harmonisch, sagt die Organisatorin des Programms, Gabi Hahn (mmde): "Auch ein Mentor braucht Erfahrung, und es ist auch nicht immer vorweg herauszufinden, wer zum wem gut passt."

Herbert Maderbacher, Managing Director von SIX Card Solutions, betrat Neuland, als er sich zum ersten Mal als Mentor meldete. "Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen wird. Ich wollte einfach nur anderen etwas mitgeben. Wie man das macht, wusste ich gar nicht."

Das Verhältnis zu seinem Mentee sei von Anfang an problemlos und für ihn unheimlich spannend gewesen. "Ich habe in meinem Mentee manchmal eine jüngere Version von mir selbst gesehen. Seine Probleme waren mir sehr vertraut." Überrascht war Maderbacher vom Tempo, das sein Sprössling an den Tag legte. Von einem Treffen zum anderen habe sich karrieretechnisch so viel getan, dass er aus dem Staunen gar nicht herausgekommen sei.

Ob Mentoring für den Karriereverlauf wichtig sei, fragt Moderatorin Heidi Aichinger Peter Adler, Unternehmer und Mediator, gegen Ende der Veranstaltung. Er ist seit 2008 als Mentor im Einsatz. "Natürlich, das erste Mentoring beginnt mit den Eltern und geht in der härteren Variante mit den Geschwistern weiter. Der Mentor soll keine Ratschläge geben, sondern Fragen stellen."

Man muss die Leute erzählen lassen - das ist der beste Weg, um Antworten herauszukitzeln. Alle Mentoren versprachen, auch beim fünften Durchgang des Standard-Mentoring-Circle wieder dabei zu sein. (Judith Hecht, DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.9.2010)