Die bedingungslose Parteinahme von Premier Silvio Berlusconi für Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy (siehe Seite 3) stößt in Italien auf Kritik. So erklärte die Vizepräsidentin des Senats, Emma Bonino, die Abschiebung einer ganzen Ethnie verstoße eindeutig gegen EU-Recht und es sei absurd, dass sie ausgerechnet von einem Präsidenten ungarischer Herkunft praktiziert werde. Italien müsse sich einer derartigen Politik verweigern. Die italienische Bischofskonferenz forderte die Regierung auf, die "demagogischen und populistischen Maßnahmen gegen die Roma nicht mitzutragen".

Vor Berlusconi hatte bereits Innenminister Roberto Maroni die Entscheidung der französischen Regierung begrüßt und die Absicht bekundet, "in Zukunft alle EU-Bürger abzuschieben, die nicht über das notwendige Mindesteinkommen verfügen, keinen Wohnsitz nachweisen können und zulasten unseres Sozialsystems" leben. In Italien stößt die Abschiebung der Roma auf Hindernisse, weil sie mehrheitlich seit vielen Jahren über die italienische Staatsbürgerschaft verfügen. In Rom, wo man den Zuzug von aus Frankreich abgeschobener Roma befürchtet, hat am Montag der Abriss von 209 illegalen Lagern und Ansiedlungen begonnen, der in zehn Monaten abgeschlossen werden soll.

Die Bewohner sollen in zwölf umzäunten Lagern am Stadtrand untergebracht werden und müssen sich zur Einhaltung strenger Regeln verpflichten. In Mailand will die Stadt sogar einige der zwölf regulären Rom-Lager abreißen, ohne den Insassen Alternativen anzubieten.  (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2010)