Wenn Sie zu jenen rund 300.000 Österreichern und Österreicherinnen gehören, die derzeit keinen Job haben, oder zu jenen wahrscheinlich ebenfalls in die Hunderttausende Gehenden, die dank der Pensionsreform zwangsläufig länger im "Arbeitsprozess" stehen müssen, dann haben wir gute Nachricht für Sie: Es gibt einen Arbeitskräftemangel.

Kaum zu glauben, gell, wo Österreich unbestrittenerweise seit Jahren unter wachsender Arbeitslosigkeit leidet. Aber man muss nur wie der Wirtschaftsbund die Zeichen der Zeit frühzeitig erkennen: Bald, ja, bald schon, werden an jeder Ecke Vertreter namhafter Unternehmen wie die Spendenkeiler von Vier Pfoten lauern, die Ihnen Angebote unterbreiten werden, denen man sich kaum versagen kann. In läppischen fünf Jahren schon werden der Wirtschaft 165.000 Arbeitskräfte fehlen. Die Zeit bis dahin kann locker mit der Sozialhilfe überbrückt werden, die bald anstelle der Notstandshilfe im Falle länger andauernder Arbeitslosigkeit für ein gesichertes Leben sorgt.

Woher der Wirtschaftsbund - in wunderbarer Kollusion mit dem regierungsfreundlich umgepolten Arbeitsmarktservice - diesen Optimismus nimmt, ist zwar rätselhaft. Die Nähe zur Regierungspartei ÖVP, die seit Jahren die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik vertreten muss, kann damit aber wohl nichts zu tun haben. Eher schon die Erfahrungen mit dem letzten Arbeitskräftemangel im Bereich der Informationstechnologie: Mein Gott, wie viele Millionen IT-Experten europaweit und Hunderttausende selbst im kleinen Österreich haben uns damals gefehlt; "Green Cards" gar sollten den ärgsten Mangel lindern. Aber neuerdings sind sogar IT-Experten vor Arbeitslosigkeit nicht gefeit. Für diese wie alle anderen Arbeitswilligen gilt darum demnächst: Arbeitskräftemangel, wir kommen!(DER STANDARD, Printausgabe, 29.4.2003)