Meist reicht ein Blick auf ein Glas, eine Vase, halt ein Gefäß, um zu wissen, worum es sich handelt. Auf die Objekte von Martina Zwölfer schaut man mindestens zweimal. Weil sie anders sind, weil sie überraschen, weil sie - man kann das ruhig hinschreiben - wunderschön sind. Die Formen ihrer Glas- und Keramikserien, die seit gestern beim Traditionsunternehmen Lobmeyr in der Wiener Kärntnerstraße zu sehen sind, wollen - bei aller scheinbaren Einfachheit - studiert werden. Sie sind raffiniert und locken vom eigentlichen Objekt weg.

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Es könnte sich, etwa im Falle der Vase "wire-frame", genauso gut um ein Architekturmodell oder einen mit feinen Netzen behangenen Lichtkegel handeln, der nach seinem Befüllen mit Flüssigem um ein weiteres Gestaltungselement angereichert wird. Die Oberfläche wirkt, als sei ihr ein Drahtstrumpf übergestülpt worden.

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Doch das Bild trügt, die feinen Linien sind lediglich eingeschliffen. Zwölfer spielt mit Symmetrie, sie verdreht Grundformen, schafft sich ihre eigenen Achsen, schubst Diagonalen und Winkel. Geometrie scheint ihr eine Spielsache zu sein. Produktionstechnische Helferlein findet sie in Glashütten in Tschechien und Bayern.

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Musenküsse und Erkenntnisse über verschiedenste Materialien und Stile sammelte die im niederösterreichischen Gmünd geborene Gestalterin rund um den Erdball.

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Stipendien an der Rietveld Akademie in Amsterdam, an der Kyoto City University, Ateliererfahrungen in San Francisco, Workshops in Hawaii, im Iran, in Bulgarien und Ungarn ermöglichten der Absolventin der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz Einblicke in die Keramik- und Glaskunst auf der ganzen Welt. Dazu gehört der Umgang mit überquellender Pracht und superreduzierter Schlichtheit ebenso wie das Studium des Bauhaus oder der gestalterischen Tradition des Zen.

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1999 ließ sich Zwölfer, deren Arbeiten in den Topmuseen der Welt zu finden sind, in einer umgebauten Scheune in Weitra nieder und dichtet seither dort ihre Formensprache. Es ist ein Zur-Ruhe-Kommen, ein Sich-Entfalten nach vielen Jahren auf Achse. "Ich habe schon unter so chaotischen Umständen gearbeitet, in Kalifornien werkte ich zeitweise sogar in einer Garage", erzählt die 48-Jährige.

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Bei Lobmeyr ausstellen zu dürfen gefällt ihr sehr. "Als Keramikerin steht man in Österreich in Sachen Präsentation sehr allein da. Trotz der Vielzahl an Galerien und Museen gibt es viel zu wenige Podien für mein Medium. Alle wollen immer nur bildende Kunst zeigen. Das erfüllt mich manchmal richtig mit Wut", so die Gestalterin über die Möglichkeit, sich hierzulande zu präsentieren.

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Außerdem, und das macht Zwölfer besonders stolz, hat bei Lobmeyr schon im Jahre 1929 die Weltklassekeramikerin Lucie Rie ihre Objekte gezeigt. "Und", so Martina Zwölfer, "Lobmeyr bekommt durch meine Objekt ein bisschen frischen Wind." Wind, der die schön schrägen Formen der Gestalterin schon im New Yorker Museum of Modern Art, im Pariser Musée des Arts Décoratifs und anderen ehrwürdigen Häusern neugierig umwehte. (maik, Der Standard/rondo/25/04/2003)

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"Neue Kleider bei Lobmeyr - Vom durchgestalteten Designteil bis zum reich geschliffenen Kunstobjekt". J. & J. Lobmeyr, Kärntnerstraße 26, 1010 Wien. Bis 24. 5. 2003. Mo bis Fr 9 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 17 Uhr.
Infos: Tel. 01/5120508, www.12er.at

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