Wien - Das Rumoren in beiden Koalitionsparteien zur Pensionsreform war zuletzt heftig gewesen, die FPÖ hatte gar gedroht, der Reform im Ministerrat am Dienstag nicht ihre Zustimmung zu geben. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel begann schon am Parteitag, den Zorn seiner ÖVP ein wenig zu dämpfen, und kündigte Änderungen an - Sonntag und Montag wurde dann koalitionsintern heftig verhandelt. Mussten sich doch die Spitzen beider Koalitionsparteien die Zustimmung ihrer Gremien holen - die ÖVP in einer Sitzung des Parlamentsklubs, die FPÖ in einer Sitzung des Klubs und dann auch noch im Bundesparteivorstand.

Dort wurden manche Änderungen gegenüber dem Begutachtungsentwurf, der seit vier Wochen für Aufregung sorgt, präsentiert. So sollen Zeiten der Kinderbetreuung die Pension weniger schmälern als befürchtet, was vor allem dem schwarzen Arbeitnehmerflügel ÖAAB und FPÖ-Staatssekretärin Ursula Haubner ein Anliegen war: Pro Geburt werden drei Jahre von der Durchrechnung ausgenommen. Langfristig sollen Kinderbetreuungszeiten auch besser bewertet werden - binnen 25 Jahren soll die Anrechnung steigen.

FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner versuchte die Pensionsreformrebellen in den eigenen Reihen damit zu beruhigen, dass es "keine größeren Verluste" für den Einzelnen geben werde. Daher werden die Verluste aus der Verlängerung des Durchrechnungszeitraums nun nicht nur für Beamte, sondern auch für ASVG-Versicherte gedeckelt: Derzeit wird die Pension nach den 15 besten Jahren berechnet, ab 2004 steigt dieser Durchrechnungszeitraum um ein Jahr pro Jahr auf 40 Jahre im Endausbau 2028. Dadurch sinkt die Pension, die Verluste werden allerdings begrenzt.

Nicht berücksichtigt blieben allerdings die Bedenken vieler ExpertInnen: Länger zurückliegende Beitragsjahre sind quasi schlecht "verzinst" und zählen praktisch nur halb so viel wie kürzer zurückliegende Jahre - sie werden allerdings nicht besser bewertet.

Ein wenig abgefedert wurden die Verluste aus dem Sinken des Steigerungsbetrages - der sinkt nicht auf einen Schlag, sondern in drei Etappen.

Auf besonderen Wunsch der FPÖ wurde die so genannte Hacklerregelung (Männern mit 45, Frauen mit 40 Arbeitsjahren bleibt die Frühpension) um ein Jahr, bis 2006, verlängert. Für die Zeit danach ist eine Fortsetzung avisiert - für Menschen mit "besonders belastenden Tätigkeiten", die noch definiert werden. Auch Menschen, die jetzt in Altersteilzeit sind, können in Frühpension gehen. Für alle anderen wird die Frühpension abgeschafft - das Pensionsalter steigt ab Mitte 2004, 2009 ist die Frühpension abgeschafft, es gilt das gesetzliche Pensionsalter (65 Jahre für Männer, 60 für Frauen).

Harmonisierung

Besonders wichtig war der FPÖ ein klares Signal "in Richtung Harmonisierung". Daher feilten ÖVP und FPÖ an der Textur einer Punktuation, die am Dienstag im Ministerrat mit der Pensionsreform mitbeschlossen werden und den Zeitplan der Harmonisierung der Pensionssysteme festschreiben soll. Ein deutliches Signal auch nach Kärnten - kamen doch von dort besonders kritische und spitze Töne. Ruhe aus dem Süden ist auch mit der Einigung allerdings nicht zu erwarten.

Haupt schweigsam

FP-Chef Herbert Haupt wollte Montagnachmittag vor Beginn der freiheitlichen Klubsitzung keine inhaltliche Stellungnahme abgeben. Er sei "zuversichtlich wie immer", sprach der Sozialminister fröhlich zu den anwesenden JournalistInnen. Auf die Frage, ob seine Teilnahme an der Klubsitzung bedeute, dass die koalitionsinternen Verhandlungen bereits abgeschlossen seien, schwieg Haupt und entschwand in die Besprechung.

Auch FP-Vize Max Walch konnte oder wollte nichts Neues in Sachen Pensionsreform berichten. Er sei über die Ergebnisse der Gespräche in der Koalition noch nicht informiert, müsse also erst mit Haupt sprechen.

Laut VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka wird "bis spät in die Nacht hinein" verhandelt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.4.2003/APA)