München - Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im April überraschend weiter verschlechtert. Der Geschäftsklimaindex des Münchner ifo-Instituts für Westdeutschland sank von 88,1 auf 86,6 Punkte. Die Anzeichen für eine Wende zum Besseren seien weiter ausgeblieben, sagte ifo-Chef Hans-Werner Sinn am Montag in München.

Experten hatten wegen des raschen Endes des Kriegs in Irak und der gesunkenen Ölpreise mit einer Verbesserung der Stimmung gerechnet. Volkswirte erwarteten im Schnitt einen Anstieg auf 88,6 Zähler, wobei die Prognosespanne zwischen 87,0 und 89,5 Punkten lag. Die Experten vermuteten, dass vor allem die Diskussionen über die Reformagenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Stimmung belastet haben dürfte. Der Index für das Geschäftsklima in Ostdeutschland blieb im April unverändert bei 100,8.

Eingetrübt

Nach den Wirtschaftsforschern hat sich im April in allen westdeutschen Sektoren bis auf den Großhandel das Klima eingetrübt. Die befragten Unternehmen bewerteten laut Ifo-Institut ihre aktuelle Situation durchwegs schlechter als im Vormonat. Der Index für die Geschäftserwartungen in Westdeutschland registrierte ein Minus auf 94,9 (Vormonat: 97,2), jener für Ostdeutschland notiert im März bei 83,1 (82,5).

Der Index der Geschäftslage sank in Westdeutschland von 79,2 auf 78,6 Punkte, für Ostdeutschland wurde ein Minus auf 119,6 (120,3) gemeldet. Auch die Erwartungen für das kommende halbe Jahr fielen pessimistischer aus: Der Teilindex ging von 97,2 auf 94,9 Punkte zurück.

Irakkrieg ohne Auswirkung

Die deutschen Standardaktien gaben nach den Ifo-Daten nur kurz einen Teil ihrer Gewinne ab, der Euro notierte zum Dollar etwas schwächer.

Volkswirte hatten vor allem im Ende des Irak-Kriegs einen Grund für eine Stimmungsverbesserung gesehen. Ifo-Volkswirt Nerb sagte dagegen, der Fall Bagdads habe keine große Wirkung gehabt. "Man darf das nicht überdramatisieren. Es ist keine Verbesserung der Aussichten feststellbar, sondern eine gewisse Skepsis", sagte Nerb zu den Daten. Volkswirte sprachen davon, dass sich die Stimmung offenbar beeinflusst von den politischen Diskussionen um notwendige Reformen von den realwirtschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt habe. "Man muss sich aber nicht wundern: Neben der allgemeinen wirtschaftlichen Verunsicherung spielt natürlich auch die politische Verunsicherung eine Rolle, die durch die Diskussion um die Agenda 2010 entstanden ist", sagte Manfred Kurz von der Bayerischen Landesbank.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn erklärte: "Damit sind beim Geschäftsklima Anzeichen für eine Wende zum Besseren in Deutschland weiter ausgeblieben." Die Eintrübung des Geschäftsklimas habe nahezu alle Bereich erfasst, überdurchschnittlich kräftig sei der Rückgang in der Industrie gewesen.(APA/AP/dpa/vwd)