Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny winkt ab. Er hält die Umbenennung für eine "Schnapsidee".

derstandard.at/Winkler-Hermaden

Die Strachegasse erhielt 1940 ihren Namen. Sie ist nach einem Physiker benannt.

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"Es ist gut für Strache, dass die Gasse so heißt", sagen Mustafa (li.) und Sava.

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Wer Hugo Strache war, wissen die wenigsten Anrainer. Irritierend finden sie, warum die nach ihm benannte Strachegasse in Wien-Simmering im Wahlkampf ein derartiges Interesse weckt. "Ich hab im Fernsehen schon was gesehen", sagt die 24-jährige Laura. "Ich hab aber nicht verstanden, warum die Gasse umbenannt werden soll." Auf den Hinweis, dass es auch einen Politiker gebe, der Strache heißt und die Grünen deshalb eine Ergänzung um den Vornamen "Hugo" fordern, sagt sie: "Ja, dann ist es korrekt, dass die Grünen eine Umbenennung wollen. Das ist ja wie Wahlwerbung."

Hugo Strache war Physiker und Erfinder des sogenannten "Doppelgas", ein Gemisch aus Destillations- und Wassergas. Er starb 1927 im Alter von 62 Jahren. Die Strachegasse erhielt 1940 ihren Namen.

Die Simmeringer Grünen haben mit Unterstützung der SPÖ einen Antrag im Rathaus eingebracht, mit dessen Hilfe sie nun die Umbenennung der Straße in "Hugo-Strache-Gasse" erreichen wollen. Man will vom FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache ablenken. Der Bezirk hätte es sich nicht verdient, eine Straße zu haben, die nach ihm benannt sei. (derStandard.at berichtete)

Proteststimme für FPÖ

Gabriele, 72, lebt seit 50 Jahren in Simmering in einem Gemeindebau. Sie geht in der Strachegasse mit ihrem Hund Gassi. Dass die Straße den Namen des FPÖ-Politikers trägt, stört sie nicht. Überhaupt zeigt die Pensionistin im ersten Augenblick wenig Interesse am Wahlkampf. Als es um den Zustand der Gemeindebauten geht, wird sie jedoch emotional. Die Mieten seien zu hoch und die Fenster würden bei vielen Bauten "schon längst" ausgetauscht gehören, schimpft sie. "Es sind die Kleinigkeiten wie diese, über die die Leute verärgert sind", mutmaßt sie. Bisher sei sie immer wählen gegangen, nur diesmal werde sie zuhause bleiben. "Und wenn, dann wähle ich den Strache - aus Protest." Sie weiß aber: Den Strache zu wählen sei "auch keine Lösung, weil er braun angehaucht ist."

Das Duell SPÖ gegen FPÖ ist in Simmering besonders brisant. Simmering gilt als eines der Hoffnungsgebiete der FPÖ. Es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass die FPÖ hier einmal den Bezirksvorsteher stellen wird. Bei der EU-Wahl 2009 war der Abstand zwischen Sozialdemokraten und Freiheitlichen gering: Sie SPÖ erreichte 33,4 Prozentpunkte und verlor 19,2 Prozent der Stimmen. Die Blauen konnten einen Stimmenzuwachs von 18,7 Prozentpunkten verbuchen und erhielten insgesamt 23,8 Prozent der Stimmen.

"Nackte Angst vor HC"

Die Forderung der Grünen nach der Gassen-Umbenennung kommentierte die FPÖ mit Häme: "Die nackte Angst greift offenbar bei der SPÖ und den Grünen um sich. Nichts soll in Wien an den FPÖ-Bürgermeisterkandidaten HC Strache erinnern", meinte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. 

"So ein Blödsinn", sagt auch Elisabeth, 39, die gerade ihre Tochter von der Schule abgeholt hat. "Ich verstehe es überhaupt nicht, warum man die Gasse umbenennen soll." Den Wahlkampf beobachtet sie genau, kritisiert jedoch die "Schlammschlacht", die stattfindet. Zur Wahl hingehen will sie auf jeden Fall. Ob sie eine gültige Stimme abgeben wird, sei allerdings noch alles andere als fix.

"Mir wäre es wahnsinnig unangenehm"

Lea, 20, wohnt nicht direkt in der Strachegasse, geht hier aber durch, wenn sie zur U-Bahn muss. "Mir wäre es wahnsinnig unangenehm hier zu wohnen, vor allem wenn ich die Adresse dann irgendwo angeben müsste", sagt die angehende Studentin der Theaterwissenschaft. "Am ehesten würde ich wohl umziehen". Im laufenden Wahlkampf seien ihr bisher die negativen Aspekte aufgefallen. "Die Hetze rückt in den Vordergrund", bedauert sie.

Sava, 16, und sein Freund Mustafa sagen: "Es ist gut für Strache, dass die Gasse so heißt." Mustafa wird nicht wählen, weil er kein österreichischer Staatsbürger ist. Sava weiß noch nicht, ob er zur Wahl gehen wird: "Ich hab das nicht so verfolgt."

Absage vom Kulturstadtrat

Zuständig für die Umbennung der Gasse ist Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Er sagt zu derStandard.at: "Ich halte das für eine Schnapsidee. Einerseits wertet man Strache damit auf und zweitens ist die Straße ja nicht nach dem Politiker benannt, sondern nach einem Physiker." Was er sich vorstellen kann, sei, eine Zusatztafel zu errichten, wo erklärt wird, was Hugo Strache erfunden hat. Im Grunde sei die Diskussion aber "lächerlich". Aber wenn es dazu beitrage, "dass wir nun alle lernen, was Hugo Strache geleistet hat, kann man das auch positiv sehen." (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 17.9.2010)