Peter Tscherkassky.

Foto: Peter Tscherkassky

Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue." Diese Worte könnte Peter Tscherkassky am Samstagabend in Venedig durchaus geäußert haben. Der Satz ist jedoch Coming Attractions entlehnt, seinem soeben mit dem Orizzonti-Kurzfilmpreis der 67. Mostra Internazionale d'Arte Cinematografica ausgezeichneten neuen Film. Eine junge Frau sagt ihn immer und immer wieder lächelnd in die Kamera - ein Filmstück, welches eigentlich schon ausgemustert war. Bis es der österreichische Filmemacher zusammen mit anderen weggelegten Resten alter Werbespotproduktionen noch einmal für die Leinwand aufbereitete.

Peter Tscherkassky, am 3. Oktober 1958 in Wien geboren und in Niederösterreich aufgewachsen, machte als Student im Österreichischen Filmmuseum Ende der 70er-Jahre erste und nachhaltige Bekanntschaft mit der internationalen Filmavantgarde, zu der bekanntermaßen auch österreichische Künstler einiges beigetragen haben. Viele Jahre später wird er gemeinsam mit Gabriele Jutz eine Monografie über Peter Kubelka herausgeben - wie überhaupt das Vermitteln von Avantgardefilm ein wesentlicher Aspekt der Tscherkassky'schen Laufbahn ist: sei es in Form von Programmen, Publikationen und Symposien, via Zusammenschluss mit Gleichgesinnten (von der Austrian Filmmakers Coop bis zu Sixpackfilm) oder als Lehrer nachkommender Generationen wie an der Linzer Kunst-Uni - immer parallel zur Produktion eigener Arbeiten.

Bereits für November 1979 verzeichnet die Biografie den "Erwerb einer Super-8-Ausrüstung" , einen Monat später beginnt die Arbeit am ersten Film, Kreuzritter. Seither sind an die 30 weitere entstanden. Zu ihrer Herstellung wird längst keine herkömmliche Filmausrüstung mehr benötigt, dafür kommen Dunkelkammer, Laserpointer und von anderen belichtetes Filmmaterial zum Einsatz. Der Preis für Coming Attractions ist auch keineswegs die erste internationale Auszeichnung, mehr als ein Dutzend kann allein das Cinemascope-Horrormärchen Outer Space (1999) aufweisen.

Wenn Tscherkassky, der mit der US-Filmemacherin Eve Heller verheiratet ist, nicht in seiner "Manufraktur" anzutreffen ist, wo seine Filme seit einigen Jahren entstehen, dann kann es übrigens sein, dass er im niederösterreichischen Enzersfeld im Garten oder hinterm Herd steht. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Avantgarde sehr oft ganz kulinarisch. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe 13.9.2010)