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Eine Szene in Maputo, Mosambik: Menschen stehen Schlange, um Brot zu kaufen. Eine nun zurückgenommene Preiserhöhung hatte vergangene Woche blutige Proteste mit 13 Toten ausgelöst.

Foto: Reuters/Neuenburg
Graphik: STANDARD

Die Weltbank sieht diese Deals als Entwicklungschance. Kritiker widersprechen.

Washington/Wien – Als die Regierung die Preise erhöhte, gingen vor einer Woche Hunderte aus den Armenvierteln in Maputo auf die Straße. Fast ein Drittel mehr für Brot zu bezahlen, war diesen Mosambikanern zu viel. Das Land gehört zu den zehn ärmsten der Welt, Hunger ist Alltag, ein steigender Weizenpreis wird dort, wo das Durchschnittseinkommen bei etwa 29 Euro im Monat liegt, rasch zu einer Frage des Überlebens. Und für die Regierung zu einer Frage der Sicherheit.

Letzteres gilt für alle Regierungen – und die reichen Länder sorgen vor. Laut einem Bericht der Weltbank, der am Mittwoch präsentiert wurde, sind allein 2009 rund 45 Millionen Hektar an Ackerland in Staaten Afrikas, Lateinamerikas, Osteuropas und Asiens an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet worden – eine Explosion im Vergleich zum durchschnittlichen Wert von vier Millionen Hektar pro Jahr seit 1998. Und die Nachfrage steigt.

"Raub am helllichten Tag"

Wasser, Nahrungsmittel, Energie – diese Versorgung wollen sich die Investoren mit den Deals sichern. Länder wie Mosambik oder Sudan haben ihre Flächen teils zu einem Spottpreis abgegeben. "Raub am helllichten Tag" nennt Mahendra Shah vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, das einen großen Teil der Daten des Bericht erstellt hat, jene Deals von einem Dollar Leasingrate pro Hektar und Jahr. "Wenn man es kauft, kostet in Großbritannien ein Hektar 45.000 Pfund, also fast 70.000 Dollar" , sagt Shah, der auch Direktor des Programms für Nahrungsmittel-Sicherheit in Katar ist. Die Schlussfolgerung: "Fast alle dieser Abkommen sind bis jetzt zu keinem fairen Preis gemacht worden."

Viele Länder seien von dieser plötzlichen Nachfrage überrascht worden, stellt die Weltbank fest – die Rechte der lokalen Bevölkerung seien bei den undurchschaubaren Deals oft auf der Strecke geblieben. "Der Schleier der Heimlichkeit, der diese Abkommen oft umgibt, muss gelüftet werden – damit die armen Menschen nicht den hohen Preis bezahlen, ihr Land zu verlieren" , sagt Ngozi Okonjo-Iweala von der Weltbank.

Letzteres drohe gerade in jenen Ländern, in denen Landbesitz nur unzureichend formalisiert und dokumentiert sei, heißt es in dem Bericht – gerade diese Staaten seien für Investoren aber sehr attraktiv. Die Weltbank fordert daher mehr Kontrolle über die Deals.

Grundsätzlich befürwortet sie aber diese Abkommen: Mithilfe ausländischer Investoren könne die Produktivität der landwirtschaftlich genutzten Flächen stark erhöht werden und, wenn miteinbezogen, auch der lokalen Bevölkerung Verbesserungen bringen. Von einem "Faktor von zwei bis fünf" spricht Mahendra Shah bei der Kluft zwischen dem, was auf landwirtschaftlich genutztem Land derzeit erwirtschaftet wird, und dem, was noch möglich wäre - durch beste Technologie, die ein Investor einbringt, wenn er das Land least. "Angenommen, man erwirtschaftet dadurch 500 Tonnen: 200 gehen an den Investor, 200 an die Landbesitzer, 100 werden auf lokalen Märkten verkauft, die Erlös für die lokale Bevölkerung verwendet – dann profitieren alle davon."

Vertreter von Nichtregierungsorganisationen stehen solchen Analyse dagegen kritisch gegenüber. "Die Armen haben keine Kaufkraft und keinen Zugang zu solchen Märkten", sagt Gertrude Klaffenböck von der NGO Fian. Elfrieda Pschorn-Strauss von Grain meint: "Die Weltbank gibt den Investoren mit dem Bericht grünes Licht, Land an sich zu reißen." Für die kleinen Bauern und die Armen seien damit kaum Vorteile verbunden. "Es sind die Reichen in diesen Ländern, die profitieren." Und: "Einige von ihnen sind wirklich korrupt."

Die Weltbank versucht, auf diese Kritik mit sieben Prinzipien zu reagieren, um die Landnahmen in Zukunft fair zu gestalten: Die Rechte der Landbesitzer müssten gewahrt, die Nahrungsmittel-Sicherheit gewährleistet werden. Transparenz und gute Regierungsführung müssten durchgesetzt, die lokale Bevölkerung eingebunden werden. Die Investitionen müssten verantwortungsvoll und auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet werden, heißt es in dem Bericht. (von Julia Raabe und Roman Payer/DER STANDARD, Printausgabe, 9.9.2010)