Strukturbiologin und Berufsoptimistin Monika Oberer.

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Wie Proteine arbeiten, und zwar auf molekularem Level, das ist die Kernaufgabe der Strukturbiologie. Mithilfe von Magnetresonanz-Spektroskopie und Röntgenkristallografie wird die räumliche Anordnung in Spektren ausgedrückt und am Computer als 3-D-Struktur visualisiert. So können - chemisches Know-how vorausgesetzt - reaktive Zentren und die Interaktion mehrerer Moleküle analysiert und längerfristig Ansatzpunkte für das Eingreifen in krankhafte Prozesse identifiziert werden.

All das gelingt, "wenn wir Glück haben und fleißig arbeiten", schränkt Monika Oberer vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz ein. Vor dem Blick hinter die Kulissen sind langwierige, interdisziplinäre und teilweise international durchgeführte Messungen notwendig. Lust und Frust liegen also nah beieinander. Wo andere nur ein Stück Papier mit Ringen oder Punkten sehen, löst ein schönes Spektrum oder ein gutes Streubild, welches auf eine entschlüsselbare Struktur hindeutet, bei ihr Gänsehaut aus.

Die Gruppenleiterin arbeitet seit 2006 für die Programmschiene GOLD (Genomics of Lipid associated Disorders) des Genomforschungsprogramms GEN-AU, das vom Wissenschaftsministerium finanziert wird. GOLD beschäftigt sich mit dem Fettstoffwechsel. Fehler im kontrollierten Ein- und Abbau von Körperfett können zu Fettleibigkeit, Typ2-Diabetes oder Arteriosklerose führen. Bevor medizinisch eingegriffen werden kann, "müssen wir den Prozess genau verstehen. Die Fetteinlagerung erfüllt nämlich auch eine Schutzfunktion. Zudem können Abbauprodukte toxisch wirken", beschreibt die 37-Jährige ausgebildete Chemikerin.

Die Steirerin arbeitet an den zellulären Prozessen zur Reaktivierung von gespeicherten Triglyceriden (Lipolyse) aus Fettzellen, wie sie bei Hunger, Kälte und körperlicher Aktivität in Gang gesetzt werden. Den ersten molekularen Schritt macht dabei die Adipose-Triglyceride-Lipase (ATGL), welche im Jahr 2004 in Graz identifiziert wurde.

Nach der Promotion sub auspiciis praesidentis 2002 ging Oberer an die Harvard Medical School in Boston, wo es von intelligenten, fleißigen und motivierten PostDocs wimmelt, "etwa 2000 im Umkreis von 500 Metern", scherzt sie. Sie tauchte in eine andere Welt ein, wo auch auf finanziellen Durststrecken immer hochklassige Forschung ermöglicht wird. Nach vier Jahren kehrte sie 2006 nach Graz zurück. Dort fanden ihr Partner und sie nach fünf Jahren Fernbeziehung endlich zu einem Arbeits- und Familienleben an einem Ort. Die gemeinsame Tochter ist inzwischen 18 Monate alt, wobei Oberer nach dem Mutterschutz gleich wieder in die Projektarbeit einstieg, um Studierende und das Labor nicht zu vernachlässigen. Meetings fanden manchmal auch im Wohnzimmer statt, das in Rufnähe zur Uni liegt. Dank Krippenplatz und familiärer Unterstützung kann sie nun wieder Strukturen entschlüsseln.

Seit 2003 bezahlt sie ihre Forschung und inzwischen auch eine achtköpfige Gruppe aus selbst eingeworbenen Drittmitteln. "Das wird an der Uni immer gerne gesehen und beschert mir neben viel Aufwand auch eine gewisse Unabhängigkeit, die ich schätze", meint Oberer. Als Forscherin zählt sie sich zu den Berufsoptimisten. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 08.09.2010)