Alpbach - Für Claus Raidl, Vorstandschef von Böhler-Uddeholm, ist trotz guter Auftragslage die Krise noch nicht bewältigt. Der zur voestalpine gehörende Edelstahlerzeuger ist dabei, Mitarbeiter aufzunehmen, will dies aber nur über Zeitarbeiter machen. Die Gewerkschaft drängt dagegen darauf, die Stammmannschaft wieder aufzustocken. Diese Haltung sei "realitätsfremd", sagte Raidl am Mittwoch im Tiroler Kongressort Alpbach.

"Wir haben momentan eine gute Auftragslage, wir wissen aber nicht, wie es weitergeht - die Sicht ist gering", sagte Raidl am Mittwoch am Rande der Wirtschaftsgespräche zur APA. Er nehme zwar die Konjunktur-Befürchtungen aus den USA nicht allzu ernst, "vom Niveau der Jahre 2007 und 2008 sind wir aber noch einigermaßen entfernt".

Die Investitionen würden "in den nächsten zwölf Monaten sicher nicht die Rolle eines Konjunkturmotors spielen können". Es gebe genügend Kapazitäten und der Kreditbedarf in der Realwirtschaft sei deswegen nicht sonderlich groß. Es gebe "aber auch keine Kreditklemme", sagte Raidl, der auch Präsident der Nationalbank (OeNB) ist.

"Heikles Thema"

Das Thema Zeitarbeit sei im Umgang mit den Arbeitnehmervertretern ein "heikles", das Pochen der Gewerkschaft auf eine Ausdehnung der permanenten Belegschaft ist für Raidl derzeit realitätsfremd: "Es ist doch besser, wenn wir Leiharbeiter einstellen als wenn wir niemanden einstellen."

In seinem Referat bei den Wirtschaftsgesprächen bekannte Raidl, dass die Krise seinen bisherigen Marktglauben erschüttert habe. Die Finanzmärkte hätten gezeigt, dass die Meinung falsch sei, dass ein von Regulierung unbehelligter Markt alles regle. Die Notverstaatlichungen von Banken seien richtig und ohne Alternative gewesen. Raidl erinnerte gleichzeitig an die Verstaatlichtenkrise der Achtziger-Jahre, als den verstaatlichten Unternehmen außerökonomisches bzw. -betriebswirtschaftliches Handeln politisch aufgezwungen worden sei. Dieser Fehler dürfe nicht wiederholt werden.

In Sachen Regulierung der Finanzmärkte sieht Raidl Europa gegenüber den USA, aber auch der Schweiz im Verzug. Die Finanzmarktreform in den USA sei "nennenswert". Die EU sei dagegen durch Interessensgegensätze zerrissen: "Die Briten wollen ihre Regulierungsarbitrage behalten." (APA)